Auto-Industrie: Das System Volkswagen implodiert? Gut so!
Bei VW knirscht es nicht, es kracht: Management und Belegschaft kämpfen um Jobs und Standorte. Das "System Volkswagen" droht zu implodieren. Endlich! Es wird allerhöchste Zeit.

Bei VW knirscht es nicht, es kracht: Management und Belegschaft kämpfen um Jobs und Standorte. Das „System Volkswagen“ droht zu implodieren. Endlich! Es wird allerhöchste Zeit.

Es ist wie ein Unfall in Super-Zeitlupe: Der VW-Konzern droht gegen die Wand zu fahren. Der Kollaps des „Systems Volkswagen“ kommt nicht überraschend oder ist fremdverschuldet. Im Gegenteil: Er ist längst überfällig und absolut verdient.

Die Probleme bei VW sind hausgemacht, ihr Grund liegt tief in der DNA des Unternehmens. Seit 1960 folgt der Autobauer einem aus heutiger Sicht irren Plan. Damals tritt das „VW-Gesetz“ in Kraft.

Dessen Kernpunkte: Aus dem Staatsunternehmen wird eine Aktiengesellschaft. Das Land Niedersachsen erhält ein Vetorecht in wichtigen Entscheidungen wie bei Satzungsänderungen oder Standortfragen.

VW ist zwei fremden Mächten ausgeliefert

Zudem braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Aufsichtsrat, wenn der VW-Vorstand Produktionsstätten errichten oder verlegen will. Der Aufsichtsrat besteht jedoch zur Hälfte aus Arbeitnehmervertretern, die solche Entscheidungen somit verhindern können – und dies immer wieder getan haben.

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Das größte Unternehmen Deutschlands und der nach Umsatz größte Autobauer der Welt ist also zwei Mächten ausgeliefert, deren letzte Prioritäten Stellenabbau und Einsparungen sind: der niedersächsischen Landesregierung und den Gewerkschaftern der IG Metall.

Gegen eine mögliche Lösung für die Krise bei VW würden sich diese beiden Parteien mit Sicherheit sperren: die Produktion in Deutschland herunterfahren, um in wichtigen Absatzländern mit niedrigerem Lohnniveau neue Werke zu errichten.

Neue Abwrackprämie keine Lösung

Nun eine neue Abwrackprämie zu beschließen, löst die Probleme bei Volkswagen nur kurzfristig. Das VW-Gesetz muss grundlegend überarbeitet werden. „Autopapst“ Ferdinand Dudenhöffer sagte kürzlich im Gespräch mit dem stern gar: „Das VW-Gesetz ist tödlich, es muss dringend weg.“

Die aktuelle Krise bei VW ist ein notwendiges Übel. Im besten Fall zwingt es den Konzern dazu, endlich zu einem echten marktwirtschaftlichen Unternehmen zu werden und die Fesseln des VW-Gesetzes abzuwerfen. Nur so kann der Autobauer sein Geschäftsmodell überdenken und sich neu ausrichten.

Noch immer hat Volkswagen mit die besten Ingenieure und die beste Technik der Welt – und damit das Potenzial, zur alten Stärke zurückzukehren. Der Druck der aktuellen Krise kann genutzt werden, um den vielleicht wichtigsten und schmerzhaftesten Schritt der Konzerngeschichte zu gehen: nicht mehr krampfhaft in Deutschland zu produzieren.