Ein Student wird von einem Kommilitonen verprügelt. Mutmaßlich aus antisemitischen Motiven, so die Anklage. Der Fall beschäftigt mehrere Gerichte.
Rund sieben Monate nach der Attacke auf den jüdische Studenten Lahav Shapira hat die Staatsanwaltschaft Berlin Anklage gegen einen 23-Jährigen erhoben. Sie geht von antisemitischen Motiven aus, wie ein Sprecher mitteilte. Die Anklage wirft dem Kommilitonen des Opfers gefährliche Körperverletzung vor.
Nach den Ermittlungen soll der 23-Jährige am 2. Februar 2024 Shapira in einer Bar in Berlin-Mitte getroffen haben. Als der heute 31-Jährige das Lokal verließ, soll er ihm gefolgt sein, um ihn wegen eines früheren Streits an der Freien Universität (FU) im Kontext mit dem Nahost-Konflikt zur Rede zu stellen. Laut Anklage war das politische Engagement des jüdischen Studenten im Zusammenhang mit dem Terroranschlag der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausschlaggebend für den körperlichen Angriff.
Opfer erleidet Mittelgesichtsfraktur und Hirnblutung
Der 23-Jährige, der laut Staatsanwaltschaft über Erfahrungen im Kampfsport verfügt, soll dabei Shapira unvermittelt mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Dadurch habe dieser das Gleichgewicht verloren. Als er versuchte, sich wieder aufzurichten, soll der Kommilitone ihm einen Tritt ins Gesicht versetzt haben. Der 31-Jährige erlitt dadurch laut Anklage eine komplexe Mittelgesichtsfraktur und eine Hirnblutung. Er habe vier Tage im Krankenhaus behandelt werden müssen.
Wann es zum Prozess vor dem Amtsgericht Tiergarten kommt, ist noch offen. Die Staatsanwaltschaft hat den Fall zum Schöffengericht angeklagt und geht damit von einer Mindeststrafe von zwei Jahren aus. Maximal kann das Gericht vier Jahre Freiheitsstrafe verhängen.
Hausverbot für mutmaßlichen Täter
Der mutmaßliche Täter erhielt nach dem Vorfall in der Hochschule Hausverbot. Nach Angaben eines Sprechers gilt dieses bis zum 8. August 2026. Medienberichten zufolge geht Shapira inzwischen wieder in die Uni – allerdings wohl nur in Begleitung eines Security-Mannes, wie es Anfang Juni hieß.
Shapira klagt unterdessen gegen die FU und will sie in Verantwortung nehmen. Das Verfahren liegt dem Verwaltungsgericht Berlin vor. Bislang ist offen, wann die zuständige Kammer darüber entscheidet, wie ein Gerichtssprecher auf Anfrage sagte.
Der Student wirft der Hochschule vor, sie habe nicht genug unternommen gegen antisemitische Diskriminierung. Shapira beruft sich dabei auf Paragraf 5b des Berliner Hochschulgesetzes. Demnach sind Universitäten verpflichtet, Diskriminierungen zu verhindern – auch wegen einer „antisemitischen Zuschreibung“.
Hochschulgesetz nach Vorfall verschärft
Der Fall war für den Berliner Senat Anlass, das Hochschulgesetz zu verschärfen. Bei gewissen Ordnungsverstößen wieder eine Exmatrikulation möglich. Die Hürden dafür sind aber hoch. So ist sie nur im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung vorgesehen. Kommt es zu einer Exmatrikulation, dürfen sich Studierende zwei Jahre lang nicht wieder an der Hochschule einschreiben. Die Möglichkeit einer Exmatrikulation war erst 2021 von Rot-Grün-Rot abgeschafft worden.