Schleswig-Holstein will sparen und Gerichte zusammenlegen. Die Alternative wäre schlimmer, sagt die Justizministerin. Von der Opposition bekommt sie geballte Kritik.
Justizministerin Kerstin von der Decken hat die geplante Zusammenlegung und Schließung von Gerichten mit der Finanzlage Schleswig-Holsteins begründet. „Mir ist bewusst, wie viel wir der Justiz zumuten, und ich nehme diese Sorgen sehr ernst“, sagte die CDU-Politikerin im Landtag. „Die Alternativen aber – pauschale Stellenkürzungen – wären nicht nur härter, sondern falsch gewesen.“
Die Koalition hat eine umfassende Gerichtsreform angekündigt. Die vier Sozialgerichte in Itzehoe, Kiel, Lübeck und Schleswig sowie die fünf Arbeitsgerichte in Elmshorn, Flensburg, Kiel, Lübeck und Neumünster sollen an einem Fachzentrum konzentriert werden. Im Gespräch ist die Anmietung eines Gebäudes in Neumünster.
Nach dem Vorbild der Verwaltungsgerichtsbarkeit soll es je ein Arbeits- und ein Sozialgericht erster Instanz und jeweils eine zweite Instanz geben, mit gemeinsamer Verwaltung an einem Standort. Zur Diskussion steht auch, die Anzahl der Amtsgerichte auf jeweils eines in den 15 Kreisen und kreisfreien Städten zu reduzieren. Aktuell gibt es 22. Bis Ende 2025 soll ein Konzept vorliegen. Geplant sind auch Gerichtstage an anderen Standorten.
Land will Geld sparen
„In einer idealen Welt würde man bei der Justiz nicht sparen. Wir sind allerdings nicht in einer idealen Welt“, sagte von der Decken. „Die mit der Reform einhergehenden Einsparungen belaufen sich bis 2040 – nach Abzug der erforderlichen Investitionen – nach derzeitiger Prognose auf rund 63 Millionen Euro.“
Das Land will nicht beim Personal sparen, sondern plant 25 neue Stellen bei der Staatsanwaltschaft. Von der Decken begründete die Zusammenlegung im Parlament mit dem erheblichen Sanierungsstau bei den Gerichtsgebäuden. Zudem hätten einige Gerichte nur rund ein Dutzend Mitarbeitende.
Kritik der Opposition
Im Landtag stieß der überraschende Vorstoß von Schwarz-Grün auf massive Kritik von SPD, FDP und SSW. „Hunderte von Richterinnen und Richtern und Justizbeschäftigte werden vor den Kopf gestoßen“, sagte der SPD-Justizpolitiker Marc Timmer. „Sie verspielen gerade Vertrauen. Vertrauen, das eigentlich ihr Staatssekretär schon aufgebraucht hatte.“ Die Universität Innsbruck hatte Justizstaatssekretär Otto Carstens (CDU) 2023 den Doktorgrad entzogen.
Der FDP-Justizpolitiker Bernd Buchholz betonte, „also fassungslos ist noch irgendwo ein geringer Ausdruck“. Er kritisierte das gewählte Verfahren und sprach von Entscheidungen von oben, die als alternativlos dargestellt würden. „So geht man mit Beschäftigten nicht um.“
Die Reform habe keine Auswirkungen auf den Haushalt 2025, sagte Buchholz. Deshalb habe es kein Argument gegen eine frühzeitige Beteiligung der Betroffenen gegeben. Das sei der erste Punkt, an dem die Justizministerin die Reform versemmelt habe. „Sie haben den Bau 100-prozentig angezündet in der Justiz, ohne einen Plan zu haben, wo es denn hingeht.“
Parlament entscheidet
Auch SSW-Fraktionschef Lars Harms kritisierte, „das, was hier geplant wird, ist nicht alternativlos“. Am Ende entscheide aber das Parlament. „Auch die Justiz ist offen für Veränderungen.“
Der Richterverband warf der Koalition Gutsherrenart vor. Mehrere Hundert Beschäftigte würden unangekündigt und ohne jeden Dialog quer durchs ganze Land versetzt.