Selbst musizieren, statt nur Musik zu streamen: Hessens Koalitionsvertrag sieht auch ein schulisches Projekt mit Instrumenten vor, die etwas aus der Mode gekommen sind. Was ist daraus geworden?
Ein vielzitiertes und teils belächeltes Vorhaben der hessischen Landesregierung ist inzwischen in 20 Schulen an den Start gegangen, um laut Koalitionsvertrag „Kindern möglichst früh das Tor zur Welt der Musik“ zu öffnen: das Blockflötenprojekt von Schwarz-Rot. Wie das Bildungsministerium in Wiesbaden der Deutschen Presse-Agentur mitteilt, haben sich im Juni interessierte Schulen für die Teilnahme bewerben können. Nun, im neuen Schuljahr, gebe es mancherorts schon Blockflöten für ganze Klassen. Schulische Fördervereine würden finanziell unterstützt beim Kauf von Flöten. Auf einer Onlineplattform fänden sich „Erklärvideos, Spielanleitungen, Audioaufnahmen und Materialien zu Körperhaltung, Technik oder Pflege des Instrumentes“.
Das vor wenigen Wochen gestartete Projekt wird laut Bildungsministerium im Laufe dieses Schuljahres entwickelt, basierend auf vorhandener Expertise der Schulen. „Es sollen verschiedene, für die Schulen individuell passende Konzepte gestaltet werden“, heißt es weiter. „Es werden in Zusammenarbeit mit den teilnehmenden Schulen Unterrichtsmaterialien, Lernvideos, Fortbildungseinheiten erstellt, erprobt, optimiert und passgenau gestaltet.“ Auch freie Musiklehrer und Musikvereine könnten Modelle zur Unterstützung dieser Schulen beim Blockflötenunterricht mitentwickeln.
Kritik der Opposition
Die Grünen-Opposition im Landtag hat kürzlich moniert: „Blockflöten, Bundesjugendspiele und Genderverbot: Die Prioritäten der neuen Landesregierung in der Bildungspolitik zeigen ganz deutlich: Statt sich der großen Herausforderungen an unseren Schulen anzunehmen, beschäftigt sich der neue Kultusminister (Armin Schwarz, CDU) lieber mit Symbolpolitik.“ Dabei gebe es zugleich etwa finanzielle Kürzungen in der Bildungspolitik.
Die Wiesbadener Musik-Grundschullehrerin Sabine Schmand sagt: „Blockflöten sind jahrzehntelang unpopulär gewesen, dabei bieten sie eine gute Gelegenheit, Kinder zum Musizieren zu führen. Sopranblockflöten haben einen guten Tonumfang, sind preiswert und leicht zu reinigen und gehen bei Grundschülern nicht so leicht kaputt wie Geigen.“
„Anderer Zugang zu Musiknoten“
Das Projekt der Landesregierung sei gut, weil es bei den jüngsten Schülerinnen und Schülern die Freude am Musizieren von Anfang an fördere. Eigene Spielpraxis sei „ein ganz anderer Zugang zu Musiknoten“, betont Schmand. Wichtig sei, ganze Klassen Blockflöte lernen zu lassen: „Wenn es nur eine Arbeitsgemeinschaft (AG) ist, erreicht man nicht alle Kinder. Manche spielen dann lieber Fußball oder kommen nicht, weil sie eher bildungsfernen Schichten angehören.“