Ein Anwalt verursacht einen Unfall und begeht Fahrerflucht. Die Stuttgarter „Tatort“-Kommissare Lannert und Bootz müssen nachweisen, dass es Mord war und kein Verkehrsdelikt.
Worum geht’s?
Es ist stockdunkel und regnet in Strömen. Der Anwalt Ben Dellien (Nicholas Reinke) will nur schnell nach Hause zu seiner hochschwangeren Frau und den beiden älteren Kindern. Mit überhöhter Geschwindigkeit rast er im Auto über die Landstraße, nebenbei erledigt er am Telefon einen Geschäftstermin. Ein lauter Knall zwingt ihn zum Abbremsen. Dellien hat einen Mann erfasst, der sein Fahrrad schob und am Fahrbahnrand entlanglief. Statt nachzuschauen, wie es dem Opfer geht, setzt er sich in seinen Wagen und fährt davon. War es ein Verkehrsunfall oder Mord? Mit dieser Frage müssen sich die Stuttgarter Ermittler Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) auseinandersetzen. Für ihren Kollegen, Rechtsmediziner Rechtsmediziners Dr. Daniel Vogt (Jürgen Hartmann) ist die Antwort eindeutig: „Wenn der Unfallverursacher angehalten und sich um sein sein Opfer gekümmert hätte, dann würde der Mann noch leben.“ Während Anwalt Dellien alles tut, um seine Tat zu vertuschen, müssen die Kommissare Mittel und Wege finden, ihn zu überführen.STERN PAID Tatort Ton 19.05
Warum lohnt sich der „Tatort“?
Es ist kein klassisches Whodunit, der Täter steht von Anfang an fest. Vielmehr sind es die persönlichen Schicksale dreier Familien, die hier im Mittelpunkt stehen und durch einen kurzen Moment der Unachtsamkeit auf tragische Weise miteinander verbunden werden. Zum einen ist da Anwalt Ben Dellien, der Täter. Er führt mit seiner Frau – ebenfalls Anwältin – ein privilegiertes Leben, das nun ins Wanken gerät. Auf die Fahrerflucht folgt eine Kurzschlusshandlung nach der anderen, die Probleme werden für Dellien immer größer. Davon betroffen ist auch Laura Rensing (Tatiana Nekrasov), eine Bekannte der Familie Dellien. Sie weiß mehr über den Unfall, als sie gegenüber der Polizei zugibt und bringt sich so selbst in Schwierigkeiten. Und schließlich die Angehörigen des Opfers, die ebenfalls eine tragische Familiengeschichte verbindet.
Was stört?
Ein Anwalt, der nach einer Fahrerflucht die Nerven verliert? Entfernt erinnert der Film an die brillante Reihe „Euer Ehren“ mit Sebastian Koch, die im April 2022 in der ARD gezeigt wurde. In einer Miniserie mit sechs Folgen blieb allerdings mehr Zeit, das Thema tiefgründiger zu erörtern. Das Ende im „Tatort“ ist abrupt. Unbefriedigend ist auch die Figur der jungen Kommissaranwärterin Marlene Teichert (Julia Dorothee Brunsch), die als überengagierte, biedere Nervensäge dargestellt wird. Wenn das die Frauenfiguren für die „Tatort“-Zukunft sind, dann gibt es noch viel zu tun. Tatort Ausstiege 16:40
Die Kommissare?
Als Lannert und Bootz 2008 ihren Dienst antraten, brachten sie frischen Wind in den Stuttgart-„Tatort“: Der eine im rasanten Porsche-Targa, der andere als cooler Typ in brauner Lederjacke. Das Auto und das Kleidungsstück gibt es 14 Jahre später immer noch, doch in diesem Fall wirkt vor allem Bootz seltsam amtsmüde. „Manchmal habe ich einfach keine Lust mehr. Warum machen wir das dann?“, sagt er desillusioniert zu seinem Kollegen. In einer anderen Szene kommentiert er: „Dann kann ich meinen Job ja an den Nagel hängen.“ Klingt fast so, als würde hier der nächste „Tatort“-Abschied vorbereitet.
Ein- oder ausschalten?
Der Fall ist vor allem emotional packend. Wer ihn noch nicht kennt, sollte bei der Wiederholung einschalten.
Die „Tatort„-Folge „Der Mörder in mir“ wurde erstmals am 18. September 2022 ausgestrahlt. Die ARD wiederholt den Film am Freitag, 27. September 2024, um 22.20 Uhr.