Anfang des Jahres hat der Bundesverteidigungsminister ein neues Amt übernommen – als Grünkohlkönig von Oldenburg. Als Majestät gebührt ihm heute besondere Ehre.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat sein Kohlvolk an die Werte der Demokratie erinnert. „Unsere Demokratie, unsere Verfassung kann und soll und darf keine Achterbahn sein“, warnt der Grünkohlkönig beim Besuch des Oldenburger Kramermarkts. Auch das Grundgesetz sei keine Schiffschaukel, die freudig hin- und herschwinge. „Sondern das Riesenrad, das sich über allem dreht und niemals hält – seit 75 Jahren“.
Eine Ehre – Die Krönung als Grünkohlkönig
Boris Pistorius wurde im Februar beim „Defftig Ollnborger Gröönkohl-Äten“ (auf Hochdeutsch: Deftiges Oldenburger Grünkohl-Essen) in Berlin zur Grünkohlmajestät der Stadt Oldenburg gekürt. Der Kohlkönig wird von einer Jury auserkoren, die aus Oldenburgern, Politikern und Sponsoren besteht. Die königliche Ehre kam seit 1956 schon vielen Persönlichkeiten zuteil – unter ihnen auch Helmut Schmidt, Helmut Kohl und Angela Merkel.
Mit dem Besuch in Oldenburg kommt Pistorius seiner Pflicht als Grünkohlkönig nach. Er habe es trotz mehrfacher Einladung noch nie zum Kramermarkt geschafft, gesteht der SPD-Politiker. „Dafür habe ich erst König werden müssen, um das tatsächlich hinzukriegen.“
Dann greift der Kohlkönig zum Stift und trägt sich ins Goldene Buch ein, eine Seite hinter seinem Amtsvorgänger Christian Lindner. „Es ist eine große Freude, nach einigen Monaten Regentschaft endlich in Oldenburg sein zu dürfen – und das auch noch zur Eröffnung des Kramermarkts“, schreibt Pistorius.
Der Grünkohlkönig und sein Kohlvolk
Nach Häppchen und Sekt holt den Grünkohlkönig wieder die Realität ein. Vor dem Alten Rathaus erwarten ihn Buhrufe. „Pfui!“, ruft ein Mann. „Widerlich!“ Einige Demonstranten halten ein Plakat hoch. „Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg“ prangt darauf neben einer Friedenstaube. Der Bundesverteidigungsminister lächelt nur und macht sich auf den Weg zur Kutsche.
Zwei gespannte Pferde warten schon auf seine Majestät. Boris Pistorius nimmt neben Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) Platz, zwischen ihren Beinen zwei Eimer mit 80 Kilo Sahne-Karamell. Selfies mit dem Kohlvolk, majestätisches Winken, Karamell werfen – bis eine Dragqueen dem Grünkohlkönig die Show stiehlt. Pistorius nützt den unbeobachteten Moment und schiebt sich schnell selbst ein Karamell in den Mund.
Kramermarkt als eines der größten Volksfeste im Nordwesten
Zehntausende Menschen stehen am Straßenrand und jubeln im Regen der Kutsche zu, die den Festumzug mit rund 100 Festwagen und Fußgruppen anführt. Als Grünkohlkönig Pistorius am Festgelände ankommt, steht die Ehrentribüne Spalier und stimmt mit einer Blaskapelle die Oldenburg-Hymne an: „Heil dir, o Oldenburg!“
„Das Schöne an diesem Kramermarkt war heute, an dem Festumzug: Keine Ampel hat den Festumzug aufgehalten oder gestört“, meint Pistorius selbstironisch. Mit dem Umzug ist der Kramermarkt offiziell eröffnet. Erstmals im Jahr 1608 urkundlich erwähnt zählt der Markt zu den größten Volksfesten im Nordwesten. Bis zum 6. Oktober werden 1,5 Millionen Besucherinnen und Besucher erwartet.
Beim traditionellen Festessen – Grillhaxe statt Grünkohl, dafür ist es noch zu früh – wendet sich Pistorius dann direkt an sein Kohlvolk. „Die Gefahr, dass sich die königlichen Vorzeichen gravierend ändern, besteht“, sagt der SPD-Politiker mit Blick auf die Bundestagswahl im nächsten Jahr. „Vielleicht wünscht sich die Stadt Oldenburg wieder einen neuen wahren Sonnenkönig.“ Er könne davor nur warnen. „Für 2025 ist alles offen. Richtig ist aber auch: Sie haben es in der Hand.“