Abwahlverfahren: Sylter Bürgermeister geht vorzeitig in den Ruhestand

Mit der Abwahl von Nikolas Häckel ist der kräftezehrende Streit um das Bürgermeisteramt auf Sylt beendet. Nach Abwahl-Stress und Burnout will der 50-Jährige jetzt in einem Kloster Kraft tanken.

Für diesen für ihn zukunftsträchtigen Tag hatte Nikolas Häckel kein profanes Outfit gewählt: Mit einer roten Stoffrose im Knopfloch seines dunkelblauen Cord-Anzugs war der jetzt abgewählte Sylter Bürgermeister (parteilos) am Sonntagabend persönlich ins Rathaus in Westerland gekommen. 

Am Sonntag hatten laut vorläufigem Ergebnis 4.342 Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Sylt mit ihren Ortsteilen Westerland, Tinnum, Rantum, Archsum, Keitum, Morsum und Munkmarsch, für seine Abwahl votiert. 860 stimmten dagegen. Zuvor hatte es monatelangen Querelen um das Amt im Rathaus in Westerland gegeben. 

Ehemaliger Rivale fühlt mit Häckel

Der Sylter Lars Schmidt war 2021 gegen Häckel angetreten. Jetzt fühlt er mit seinem ehemaligen Rivalen auf der Nordseeinsel – auch wenn er das Ergebnis der politischen Entscheidung akzeptiere: „Tragisch und zugleich ethisch schwer vertretbar ist der Umgang mit seiner Erkrankung. Krank sein ist in dem insularen System aus Leistung und Profit genauso Tabu wie Drogen oder die Ausbeutung und Überlastung der Arbeitskräfte.“

Häckel als Bürgermeister habe immer die Menschen gemeint, wenn es um Sylt ging, sagte Schmidt. „Besonders diejenigen, die hier dauerhaft leben und für die er sich mit Leidenschaft einsetzte und nicht das System Sylt als Geschäftsmodell und Marke.“

Sylter Kommunalpolitiker planen Neustart 

Kommunalpolitiker hatten am 18. Juli beschlossen, ein Abwahlverfahren gegen den hauptamtlichen Sylter Bürgermeister Häckel einzuleiten. Mindestens 20 Prozent aller Wahlberechtigten mussten für die Abwahl votieren, das entsprach 2.487 Stimmen. 

Häckel führte die Verwaltung auf der Nordseeinsel seit 2015 und wollte nach überstandenem Burnout wieder zurück auf den Chefsessel. Die Politiker warfen ihm unter anderem die jahrelange Haushaltsmisere, fehlende Kommunikation, mangelhaftes Vertrauen sowie Unzulänglichkeiten bei seiner Verwaltungsarbeit vor. 

Häckels Vertreter auf Sylt bleibt 

„Für uns im Rathaus ändert sich vorerst nichts“, sagte Florian Korte, Sprecher der Gemeinde Sylt, der Deutschen Presse-Agentur. Da der Vertretungsfall schon länger eingetreten sei, habe sich Häckels erster Stellvertreter Carsten Kerkamm als amtierender Bürgermeister bereits um die Amtsgeschäfte gekümmert. Die Vertretungs-Regelung bleibt Korte zufolge bestehen, bis es einen neuen hauptamtlichen Bürgermeister geben wird. 

Kommunalpolitiker bereiten nun den Neustart vor. „Wir haben jetzt die Chance, dass das Vertrauensverhältnis deutlich besser wird und wir werden möglicherweise für die Zukunft auch neue strukturelle Veränderungen für die Gesamtverwaltung der Insel finden“, sagte Andreas Dobrzinski, Bürgervorsteher der Gemeinde Sylt, der Deutschen Presse-Agentur. Geplant seien Gespräche mit dem Kreis Nordfriesland zu möglichen neuen Strukturen. Details wollte er auf Nachfrage nicht nennen. 

Häckel plant seine Zukunft

Seine Abwahl nahm Häckel gelassen hin. In der kommenden Woche wolle er in ein Kloster nach Bayern fahren und dort mindestens drei Monate verbringen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. 

„Jetzt gehe ich in Pension, werde mein Leben genießen, Urlaube machen, Hobbys ausleben – und das mit 50 zu starten, finde ich ein riesiges Geschenk“, sagte er. Davon, dass er weiterhin auf der Insel wohnen wird, gehe er derzeit nicht aus. 

Überrascht habe ihn die Abwahl nicht, er sei darauf gut vorbereitet gewesen. Mit den Wahlergebnissen habe er sich frühzeitig auseinandergesetzt – auch wenn er natürlich gerne weitergemacht hätte, sagte Häckel.

Häckel geht in den Ruhestand

Am 2. Oktober tagt der Gemeindeabstimmungsausschuss in Westerland. Dann wird das bisher vorläufige Abstimmungsergebnis beschlossen und Nikolas Häckel in den einstweiligen Ruhestand versetzt. 

Jetzt startet die Suche nach geeigneten Kandidaten auf der Insel. Wer sich für den Posten des Bürgermeisters positioniert, ist – zumindest öffentlich – noch völlig unklar. Spätestens in sechs Monaten muss laut Gemeindeordnung eine neue Bürgermeisterin oder ein Bürgermeister gewählt werden.