Infrastruktur: Experten: Viele marode Autobahnbrücken in Hessen
Viele Brücken sind marode. In Dresden brach eine teils ein. Bei Autobahnbrücken sehen Experten besonders westdeutsche in Gefahr - auch einige in Hessen. Hier gab es aber auch einen zügigen Neubau.

Viele Brücken sind marode. In Dresden brach eine teils ein. Bei Autobahnbrücken sehen Experten besonders westdeutsche in Gefahr – auch einige in Hessen. Hier gab es aber auch einen zügigen Neubau.

Von den 100 am meisten sanierungsbedürftigen Autobahnbrücken in Deutschland mit einer Länge von mehr als 50 Metern stehen nach einer Untersuchung von Bauexperten 19 in Hessen. Im bundesweiten Vergleich sei Hessen damit das Bundesland mit der zweithöchsten Anzahl an schlecht bewerteten Autobahnbrücken, heißt es in einer der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Analyse der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken. Von den hessischen Autobahnbrücken schneidet in dieser Studie ein Bauwerk der Autobahn 45 bei Hammersbach-Marköbel im Main-Kinzig-Kreis besonders schlecht ab. 

Die Politik und die Autobahngesellschaft des Bundes müssten jetzt handeln, so Marco Götze, Vorsitzender der Bundesgütegemeinschaft. „Gerade bei Autobahnbrücken dürfen wir uns nicht darauf verlassen, dass das nächste Unglück so glimpflich verläuft wie der Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden.“ Zu diesem war es mitten in der Nacht zum 11. September gekommen.

Tausende Straßenbrücken im Land 

Das hessische Verkehrsministerium teilte mit, insgesamt könne der Zustand der größeren Brücken im Land als gut bezeichnet werden: Rund 5.400 Brücken spannten sich über Bundes-, Landes- und Kreisstraßen in Hessen. 230 davon sind laut Ministerium in einem Zustand, „der kurz- bis mittelfristig eine Instandsetzung erforderlich macht“. Dazu zählten aber auch kleinere Reparaturen wie der Austausch von Geländern und Schutzplanken.

Hessens Brücken, Tunnel, Stütz- und Lärmschutzwände sowie Verkehrszeichenbrücken werden nach Angaben des Verkehrsministeriums regelmäßig von erfahrenen Bauingenieuren auf Stand- und Verkehrssicherheit geprüft. Bei eingeschränkter Tragfähigkeit würden notfalls etwa die zulässigen Höchstlasten von Fahrzeugen eingeschränkt oder bauliche Verstärkungen vorgenommen. Vor diesem Hintergrund sind laut Ministerium „alle Brücken sicher befahrbar und es bestehen keine Sicherheitsdefizite“.

Millionenaufwand für Erhaltung der Brücken

Weiter hieß es, von 2021 bis 2023 habe das Land Hessen „323 Millionen Euro für den Bund in die Erhaltung der Bundesstraßen investiert, davon gingen rund 82 Millionen Euro in die Sanierung oder Erneuerung der Brücken“. Für die Erhaltung der eigenen Landesstraßen habe Hessen derweil 414 Millionen Euro aufgebracht, darunter etwa 79 Millionen Euro für Brücken.

Viele dieser Bauwerke stammen aus den Sechziger- und Siebzigerjahren. Damals war der heutige umfangreiche, besonders belastende Lastwagenverkehr im Transitland Hessen im Herzen von Deutschland nicht abzusehen. Schlagzeilen in den vergangenen Jahren machten die starken Schäden der Schiersteiner Autobahnbrücke zwischen Wiesbaden und Mainz sowie der Salzbachtalbrücke der A 66 in Wiesbaden. In beiden Fällen wurde ein Neubau nötig. Es kam lange zu immensen Staus.

Hunderttausende ersehnen neue Brücke

Von den beiden neuen Teilbrücken über das Salzbachtal ist erst eine fertiggestellt. Über sie läuft derzeit auf vier verengten Spuren der gesamte Autobahnverkehr. Der Bau dieser südlichen Teilbrücke dauerte nur rund zwei Jahre. Das parallele nördliche Schwesterbauwerk soll laut der Autobahngesellschaft des Bundes Mitte 2025 eröffnet werden.

Deutschlandweit hat die Bundesgütegemeinschaft unterdessen nach eigenen Angaben aus 3.786 Autobahnbrücken mit mindestens 50 Meter Länge diejenigen identifiziert, die deutschlandweit die schlechtesten Zustandsnoten haben. Die Untersuchung stützte sich auf die regelmäßig von der Bundesanstalt für Straßenwesen veröffentlichte Brückenstatistik.

Auch Note „ungenügend“ für Brücken

Demnach stehen von den 100 am schlechtesten bewerteten Brücken mit einer Länge von mindestens 50 Metern die meisten in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. Die Bewertung basiert auf Zustandsnoten, die akute Schäden und Abnutzungserscheinungen angebe. Zudem gibt es den sogenannten Traglastindex, der die Leistungsfähigkeit der Brücke gemessen an Alter und Material bewerte. Hessen steht bei der Zahl der Autobahnbrücken insgesamt auf dem vierten Rang der Bundesländer.

Von den 3.786 Autobahnbrücken mit einer Mindestlänge von 50 Metern hätten 1.382 die Zustandsbewertung „noch ausreichend“ bekommen, bei 378 werde der Bauwerkszustand als „nicht ausreichend“ eingeschätzt. 43 Autobahnbrücken bekamen die Note „ungenügend“.