Selbsttötung: Sarco-Pod: Wie funktioniert die Todeskapsel?
Das "Sarco-Pod" soll einen selbstbestimmten Tod ermöglichen. Ihre Besonderheit: Die Kapsel nutzt kein Gift, sondern verwendet Gas für einen schmerzfreien Tod. 

Das „Sarco-Pod“ soll einen selbstbestimmten Tod ermöglichen. Ihre Besonderheit: Die Kapsel nutzt kein Gift, sondern verwendet Gas für einen schmerzfreien Tod. 

In der Schweiz ist es zu einer ersten Selbsttötung mithilfe des Sarco-Pods gekommen. Das Gerät ist seit Jahren in der Diskussion. Es soll die Möglichkeit bieten, autonom und schmerzfrei aus dem Leben zu scheiden, ohne dabei ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen.

Wie soll das geschehen? Das Pod ist eine futuristisch gestaltete Kapsel, hergestellt mit einem 3D-Drucker. Das Design erinnert stark an die Tiefschlafkapseln, wie sie in Science-Fiction-Filmen gezeigt werden. Der Name „Sarco“ spielt auf Sarkophag an. Nimmt jemand in dem Pod Platz, kann er durch eine Scheibe ins Freie schauen.

Sarco-Pod muss luftdicht sein

Für den Vorgang selbst ist es wichtig, dass die Kapsel luftdicht abschließt. Der Nutzer kann dann einen Hebel umlegen, danach strömt Stickstoff in die Kapsel. Dieses Gas verdrängt das Gemisch der Atemluft. Danach fühlt der Insasse sich nur ein wenig betäubt und euphorisch, bevor er in weniger als 30 Sekunden in Bewusstlosigkeit versinkt. Der Tod tritt dann durch Sauerstoffmangel ein.

Euthanasie Kanada 15.10

Dies ist die größte Besonderheit des Sarco-Pods. Für die Tötung wird kein Medikament oder Gift benutzt. Um an so etwas zu gelangen, ist ein Arzt vonnöten oder es müssten Gesetze gebrochen werden. Ein Helfer würde sich strafbar machen. Stickstoff hingegen ist ein natürlich vorkommendes Gas, das in reiner Form als Industriegas verkauft wird. Weil Stickstoff selbst nicht giftig oder gefährlich ist, gibt es auch keine Handelsbeschränkungen. Der Tod tritt nicht durch eine Vergiftung ein, sondern durch Sauerstoffmangel.

Unbemerktes Sterben

Das Besondere dabei: Der Körper bemerkt das Sterben nicht. Das Gefühl des Erstickens stellt sich nicht ein, weil die Lungen weiter atmen. Sollte der Atemreflex unterbunden werden, etwa durch Erwürgen oder eine Plastiktüte, würde eine panische Abwehrreaktion einsetzen.

Tod durch Stickstoff kommt normalerweise in der Natur nicht vor, aber eine Kohlenmonoxidvergiftung verläuft ähnlich. Dazu kommt es, wenn ein falsch eingestellter Ofen oder ein Brenner in einem geschlossenen Raum betrieben wird, etwa wenn ein Außengrill zum Aufwärmen in einem Innenraum benutzt wird. Kohlenmonoxid bindet die Blutkörperchen, sodass auch weiter geatmet wird, aber kein Sauerstoff mehr die Zellen erreicht. Auch hier bemerken die Opfer den Mangel an Sauerstoff nicht, sie schlafen ein, beziehungsweise wachen nicht auf – ein deutliches Zeichen, dass sie keine Qualen erleiden. 

Der Tod in der Kapsel hat allerdings einen gravierenden Nachteil. In den letzten Minuten ist der Sterbewillige allein. Aus der Praxis von Sterbehilfeorganisationen ist bekannt, dass Sterbende meist Beistand in Form von körperlichem Kontakt wünschen. Also, dass eine nahestehende Person sie umarmt oder ihre Hände hält. Das ist in der Kapsel nicht möglich.

Sarco, 20.30

Sarco-Pod benötigt keine externe Versorgung

Das Sarco-Pod benötigt keine externe Versorgung, etwa von Strom. Das Gerät arbeitet technisch autonom. Es kann daher an jedem beliebigen Ort benutzt werden, selbst im Freien, so wie es jetzt in der Schweiz geschehen ist. Der Nutzer kann daher an einem frei bestimmten Ort aus dem Leben scheiden. Zumindest in der Theorie. In der Praxis ist das Pod nicht gerade handlich, es werden zumindest ein Transporter und zwei Träger benötigt. Andererseits ist das Gerät auch nicht größer als eine größere Couch.

Warum die Schweiz?

Die Organisation hinter dem Sarco-Pod hat ihren Sitz in den Niederlanden, dort soll das Gerät auch gebaut worden sein. Die Niederlande haben zwar ein relativ liberales Sterberecht, aber eine ärztliche Beratung und Betreuung sind dort verpflichtend. Das Sarco-Pod soll es ermöglichen, gerade ohne einen solchen Prozess aus dem Leben zu gehen. Die Betreiber sehen Beratung als Kontrolle und unerwünschte Einmischung. 

Die Schweiz hingegen versteht den Wunsch, dem eigenen Leben ein Ende zu setzen, als bürgerliches Freiheitsrecht und als Moment der Selbstbestimmung. Andere Staaten sehen das sehr viel restriktiver, mit der Folge, dass sich eine Art von Suizid-Tourismus unter dem Stichwort „Last Trip to Switzerland“ entwickelt hat. Das ist wohl auch der Grund, warum die Todeskapsel dort erstmals Einsatz gekommen. Wie die Rechtslage in diesem konkreten Fall aussieht, werden vermutlich die Gerichte entscheiden. Die Staatsanwaltschaft will den Einsatz des Sarco-Pods nicht hinnehmen. Es fällt aber auf, dass die bisherigen Einlassungen der Innenministerin zu dem Thema sich nicht auf den Akt der Selbsttötung an sich beziehen, sondern eher auf Nebenaspekte wie die fehlende technische Zulassung des Geräts abheben.

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 erreichbar. Auch eine Beratung über E-Mail ist möglich. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

Für Kinder und Jugendliche steht auch die Nummer gegen Kummer von Montag bis Samstag jeweils von 14 bis 20 Uhr zur Verfügung – die Nummer lautet 116 111.