Scholz bei "RTL Direkt-Spezial": "Ich bin auch ein Gewinn für dieses Land"
Die Ampel-Regierung steht stark in der Kritik. Das machen Olaf Scholz drei ausgewählte Bürger bei einem "RTL Direkt-Spezial" klar. Der Kanzler muss sich scharfe Kritik anhören.

Die Ampel-Regierung steht stark in der Kritik. Das machen Olaf Scholz drei ausgewählte Bürger bei einem „RTL Direkt-Spezial“ klar. Der Kanzler muss sich scharfe Kritik anhören.

Migration, innere Sicherheit, die Inflation – Olaf Scholz kennt den Ablauf. Mehrere Bürger dürfen ihre Anliegen an den Kanzler loswerden – bereits zum dritten Mal in der RTL-Sendung „Am Tisch mit Olaf Scholz“. Anliegen von den Esstischen in der gesamten Bundesrepublik landen direkt beim Regierungschef. Und die Stimmen aus der Bevölkerung haben schwere Zweifel am Kurs des Hanseaten und seiner Regierung.

Die Schilderungen von Michael Kyrath aus Elmshorn (Schleswig-Holstein) entfalten eine enorme Wucht im Studio. Der Geflüchtete Ibrahim A. ermordete Anfang 2023 Kyraths 17-jährige Tochter und ihren 19-jährigen Freund in einem Regionalzug in Brokstedt. Der Täter stach ohne Vorwarnung 38 Mal auf das junge Paar ein, erzählt der Zahntechniker aus Schleswig-Holstein.

STERN PAID 41_24 Scholz Wiederwahl 12.09Für ihn wirft die Tat viele Fragen auf – auf die Scholz und die Bundesregierung offensichtlich nicht die richtigen Antworten liefern. „Wir haben in Deutschland Regeln und Gesetze, die eigentlich gar nicht schlecht sind. Das Problem ist bloß, dass wir Politiker haben, die diese Gesetze nicht einhalten“, so der 49-jährige Kyrath. Es sei unverständlich, warum Geflüchtete, die Straftaten begehen, noch immer im Land seien. A. hatte bis wenige Tage vor der Messer-Attacke noch in Untersuchungshaft gesessen.

Olaf Scholz fordert härtere Strafen

Dem Bundeskanzler ist seine Betroffenheit über die Tat anzumerken. Das sei ein Verbrechen, „das aus meinem Kopf nicht verschwinden wird“. „Wenn ich daran denke, kommt es auch in mir hoch“, so Scholz. Man könne kaum fassen, welches Schicksal den „jungen Leuten“ widerfahren sei. Eine Formulierung, die Kyrath erbost. „Es geht hier nicht um Leute, es geht um Menschen und die hießen Ann-Marie und Denny“, so der Vater der getöteten 17-Jährigen. Scholz hat „gerade keine Zeit für Wahlkampf“.

FS Solingen Messerangriff

Die seither getroffenen Maßnahmen reichen ihm nicht aus. Messerverbotszonen? Helfen zwar der Polizei durch bessere Kontrollmöglichkeiten, aber halten keine Täter ab. Handwerker müssten alles dokumentieren und der Staat lasse gleichzeitig Menschen unkontrolliert ins Land? Für ihn nicht nachvollziehbar. „Immer dasselbe Täterprofil und Tatwaffe“, sagt Kyrath. Die Politik diskutiere viel, aber mit Reden komme man nicht mehr weiter.

Scholz verspricht Handeln und verweist auf die ergriffenen Maßnahmen, um den Informationsaustausch zwischen Behörden zu verbessern, Straftäter „zügig“ zurückzuführen und wirbt für eine härtere Rechtsprechung bei Gewalttaten. „Ich will auch sagen, dass es für mich ein Fall gewesen wäre, mit der Verurteilung eine Sicherheitsverwahrung zu verbinden“, so Scholz. „Das gibt einen Weg, wie wir das können und ich hoffe, dass die Gerichte diese Möglichkeiten öfter prüfen, als sie das heute tun.“ Eine Excel-Tabelle habe er angelegt, um die Probleme auf dem Themenfeld zu überblicken.

Kampf gegen das „Bürokratiemonster“

Auch Teil seines Plans: Die Grenzkontrollen sollen noch „sehr lange“ anhalten – auch wenn das bei den Nachbarstaaten aktuell nicht auf Begeisterung stößt, wie er durchblicken lässt. Und er verspricht weitere Abschiebeflüge in Richtung Afghanistan. Wann? Das will er nicht beantworten. Genauso offen bleibt die Frage, wie europarechtskonforme Zurückweisungen an der Grenze schlussendlich aussehen sollen.

Miersch Herausforderungen. 18.50Nicht nur Kyrath ist enttäuscht – so geht es auch den anderen Eingeladenen. Enttäuscht von Scholz und seiner Regierung. Aber nicht nur. Das Problem geht tiefer, eine Enttäuschung von der „großen“ Politik, die dem Bürger nicht hilft, sondern Steine in den Weg lege.

Die Bürokratie, die alles verlangsame, verteuere, verunmögliche, stört sowohl die Handwerkerin und Influencerin Sandra Hunke aus Nordrhein-Westfalen als auch den Bürgermeister der sächsischen Kleinstadt Grünhain-Beierfeld, Mirko Geißler.

Das Stadtoberhaupt der rund 6000 Einwohner zählenden Gemeinde hat mit dem Vorschriften-Dschungel zu kämpfen – Straßen können kaum saniert und Häuser nicht restauriert werden. Rechtliche Vorgaben und die Kosten würden es jungen Menschen unmöglich machen, diese Probleme anzugehen. Fehlendes Bauland, ein Problem, was Scholz in der Sendung formuliert, gehöre nicht dazu. Das „Bürokratiemonster“ müsse man bekämpfen, so Geißler. Scholz verspricht Abhilfe. Man habe sich sehr viel Mühe gegeben, vom „Sprüche klopfen ins Handeln zu kommen“.

„Hintern-Hoch-Prämie“ sorgt für Verstimmung

Gleichzeitig stößt Scholz bei den Anwesenden mit der von der Regierung angestrebten „Hintern-Hoch-Prämie“, so Moderatorin Pinar Atalay, nicht auf Begeisterung. Das Geld soll ein Anreiz für Langzeitarbeitslose sein, wieder einen Job aufzunehmen und mindestens ein Jahr durchzuhalten. „Ich arbeite seit ich 14 bin“, sagt die 32-jährige Hunke. Ihr zahle auch niemand eine Prämie dafür, dass sie arbeiten gehe.

Selbst der Kanzler hat Zweifel an der Maßnahme: „Wir sind alle zum Arbeiten geboren“, so Scholz. Das sehe man schon am Strand, wo man Sandburgen baue und nicht nur herumliege. Und er teilt auch nicht die Ansicht, dass man Menschen zur Arbeit locken müsste, wie er erklärt. Daher seien 90 Prozent der neuen Maßnahmen zum Bürgergeld „striktere, härtere“ Vorschriften. Scholz macht deutlich: Niemand will hier Arbeitsverweigerer belohnen.

Scholz konnte Frauen wie Hunke bei der letzten Wahl überzeugen. Sie gab ihm ihre Stimme. Und wurde enttäuscht. Auch nach dem Gespräch wirkt sie nicht überzeugt. „Was ich gehört habe, ist vielversprechend“, so die Influencerin aus dem Handwerk. Aber was werde am Ende umgesetzt?

Trotz mauer Zahlen in den Umfragen gibt sich Scholz weiter zuversichtlich. „Ich werde die Bundestagswahl gewinnen, wie auch die letzte“. Eine ambitionierte Aussage. In einer aktuellen Befragung von Forsa für RTL/ntv liegt die SPD bei 17 Prozent – 14 Prozentpunkte hinter der CDU. Deren Chef stichelt gegen den Kanzler: Ein Kanzlerkandidat Boris Pistorius wäre ein Gewinn für das Land. „Ich bin’s auch“, kommt da nur trocken zurück von Scholz.

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