Steinmeier bittet auf Kreta um Vergebung für deutsche NS-Verbrechen
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei einem Besuch auf der griechischen Insel Kreta um Vergebung für die deutschen Verbrechen während der NS-Zeit gebeten. "Ich möchte Sie heute im Namen Deutschlands um Vergebung bitten", sagte Steinmeier am Donnerstag auf Griechisch bei einem Besuch in Kandanos, dem Schauplatz einer der schlimmsten Gräueltaten der deutschen Besatzungstruppen während des Zweiten Weltkriegs. 

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei einem Besuch auf der griechischen Insel Kreta um Vergebung für die deutschen Verbrechen während der NS-Zeit gebeten. „Ich möchte Sie heute im Namen Deutschlands um Vergebung bitten“, sagte Steinmeier am Donnerstag auf Griechisch bei einem Besuch in Kandanos, dem Schauplatz einer der schlimmsten Gräueltaten der deutschen Besatzungstruppen während des Zweiten Weltkriegs. 

Weiter entschuldigte sich der Bundespräsident dafür, dass Deutschland über Jahrzehnte die Ahndung der Verbrechen verschleppt und nach dem Krieg „zunächst weggesehen und geschwiegen hat“.

Das 50 Kilometer südwestlich von Chania gelegene Kandanos war eines der ersten Dörfer auf Kreta, das von Soldaten der Wehrmacht als Vergeltungsmaßnahme vollständig zerstört worden war. Unter dem Befehl von Generalleutnant Kurt Student wurden am 3. Juni 1941 mehr als 180 Bewohner, die sich den deutschen Soldaten entgegengestellt hatten, getötet. 

Ausführlich ging Steinmeier auf die Tatsache ein, dass Student nach dem Krieg nie für seine Verbrechen in Griechenland zur Rechenschaft gezogen wurde. Dies sei ein weiteres „beschämendes Kapitel“ im Umgang mit Kriegsverbrechern, sagte er.

Es sei ihm wichtig, an diesen Ort zu kommen, betonte Steinmeier. Allein auf Kreta seien im Zweiten Weltkrieg tausende Zivilisten ermordet worden. Dazu kämen zahlreiche griechische Juden, die deportiert worden seien. Die Brutalität der deutschen Besatzer lasse bei ihm noch heute „den Atem stocken“, sagte der Bundespräsident.

„Wir können das Leid nicht ungeschehen machen“, sagte Steinmeier in seiner Ansprache. „Aber wir müssen die Erinnerung daran wachhalten, damit nicht wieder geschieht, was einmal geschehen ist“. 

Steinmeier ist das erste deutsche Staatsoberhaupt, das Kreta besucht. In Kandanos wurde er von Überlebenden des Massakers empfangen. In der Menge waren aber auch kritische Stimmen zu hören. Mit Ausrufen wie „Gerechtigkeit“ und „der Kampf geht weiter“ spielten einige Anwesende auf die ungeklärte Frage deutscher Reparationszahlungen für Griechenland an.

„Es ist eine schwierige Reise, als Bundespräsident an diesen Ort zu kommen“, räumte Steinmeier ein. „Sie haben uns die Hand zur Versöhnung gereicht, und dafür bin ich Ihnen zutiefst dankbar.“

Das Gedenken an die Opfer der Nazi-Verbrechen war eines der großen Themen von Steinmeiers dreitägiger Reise nach Griechenland. Am Dienstag hatte er gemeinsam mit Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou in deren Heimatstadt Thessaloniki die Baustelle für ein geplantes Holocaust-Museum besucht. Die deutsche Verantwortung für die Opfer auf griechischer Seite sei „ein schwieriges Thema, das in unseren Beziehungen eine Rolle spielt und dem wir nicht ausweichen dürfen“, sagte Steinmeier am Mittwoch in Athen.

Beim Thema Reparationszahlungen traten jedoch unterschiedliche Positionen zutage. Während Staatspräsidentin Sakellaropoulou und Regierungschef Kyriakos Mitsotakis die Frage nach deutschen Kriegsentschädigungen als weiterhin offen bezeichneten, sagte Steinmeier, dass Deutschland diese Rechtsfrage für „völkerrechtlich abgeschlossen“ halte.

Mitsotakis, dessen Familie aus Kreta stammt, sagte am Mittwoch, die Frage der Reparationen sei „immer noch sehr lebendig“. „Wir hoffen, dass wir sie irgendwann lösen werden“, betonte er.

Griechenland fordert seit langem eine Wiedergutmachung für die im Zweiten Weltkrieg erlittenen Kriegsschäden. Vor fünf Jahren schätzte ein griechischer Parlamentsausschuss die Kosten für die Reparationen auf mehr als 270 Milliarden Euro. Die Bundesregierung sieht für die griechischen Reparationsforderungen allerdings keine rechtliche Grundlage.