Regierungskrise: Das Presseecho ist klar: Die Ampel hat fertig
Es könnte die Woche der Entscheidung für die Ampel in Berlin werden. Hält das Bündnis? Folgt man den meisten Kommentatoren in den deutschen Medien, lautet die Antwort: nein.

Es könnte die Woche der Entscheidung für die Ampel in Berlin werden. Hält das Bündnis? Folgt man den meisten Kommentatoren in den deutschen Medien, lautet die Antwort: nein.

Durchgestochene Papiere, ein Krisentreffen jagt das nächste, und immer lautere Rufe nach Neuwahlen: In der Ampel-Koalition bebt es gewaltig. Wie lange hält das Bündnis noch durch? In den Kommentarspalten deutscher Zeitungen wird die Regierung angezählt. Die Pressschau zur Ampel-Krise:

„Trauerspiel der Ampel-Koalitionäre jetzt beenden“

„Westfälische Nachrichten“ (Münster): „Kriege, Konflikte, Krisen: Die Herausforderungen, vor denen auch Deutschland steht, sind immens. Und sie werden auf Sicht nicht kleiner. Vor einer solchen Kulisse braucht das Land mehr denn je eine stabile Regierung – die es nicht hat. Die Konsequenz kann nur sein, das unwürdige Spiel schnell zu beenden. (…) Darum braucht es für Neuwahlen immer gute Gründe. Die haben SPD, Grüne und FDP zuhauf geliefert.“

Die Optionen von Olaf Scholz 8.24

„Leipziger Volkszeitung“: „Am besten wäre es, wenn SPD, Grüne und FDP in der Bundesregierung noch einmal zueinanderfinden. Doch wenig spricht dafür, dass das gelingt. Die peinliche Posse um die konkurrierenden Industrie- und Wirtschaftsgipfel von Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesfinanzminister Christian Lindner sprach Bände. Lindners Wirtschaftspapier wischt nun die verbliebenen Zweifel hinweg – auch wenn er Wert darauf legt, dass das Papier nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sei. Die Zeichen stehen auf Eskalation. Wenn die Ampelspitzen nicht in den nächsten Tagen mit einem überraschenden und überzeugenden Plan daherkommen, wie sie das Blatt grundlegend wenden wollen, gilt das Sprichwort: Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.“

„Neue Osnabrücker Zeitung“: „Inhaltlich liegt FDP-Chef Lindner richtig. Deutschland braucht eine 180-Grad-Wende. Aber warum fordert er das – wohl wissend, dass seine Koalitionspartner nichts davon mittragen? Lindners Querfeuer könnte nur eine Inszenierung sein, um die letzten Parteianhänger noch irgendwie bei Laune zu halten, von denen viele schon aus der Ferne die Totenglocken für die FDP hören. Dabei wäre es ehrenvoll, das Trauerspiel der Ampel-Koalitionäre jetzt zu beenden. Doch dazu fehlt Lindner offensichtlich der Mut. Die Angst vor dem Wähler sitzt wohl so tief, dass SPD, Grüne und FDP sich weiter irgendwie durchwurschteln dürften.“

Kommentar Lindners Scheidungspapier 18.10

Weser-Kurier“ (Bremen): „Mit seinen wirtschaftlichen Thesen hat FDP-Chef Christian Lindner jetzt die Bombe gelegt, die die Ampel sprengen könnte. Ob er sie auch zündet, wird sich im Verlauf der kommenden beiden Wochen entscheiden. Andererseits muss die Ampel-Koalition unter dem bislang eher besonnen reagierenden Bundeskanzler Olaf Scholz auch in der Lage sein, trotz eines geltenden Koalitionsvertrages die notwendigen Schritte zur Stärkung der Konjunktur einzuleiten. Wenn sie dieser Aufgabe nicht gerecht werden sollte, ist jeder Tag, an dem die Ampel eher aus dem Amt scheidet, ein guter Tag.“

„Volksstimme“ (Magdeburg): „Das Lindner-Papier ist eine pure Provokation für die Ampel – und auch genauso gedacht. Inhaltlich werden viele richtige und wichtige Themen angesprochen, die die wankende Regierungskoalition endlich angreifen muss. (…) Nur der Kanzler tut, was er immer tut. Schweigen und aussitzen. Entweder müsste er die Flucht nach vorn ergreifen, um die richtigen Impulse aus dem eigenen Bündnis für sich zu nutzen – oder Störenfried Lindner konsequent rauswerfen. Olaf Scholz mag seine ‚Weiter-so-Taktik‘ als politische Tugend begreifen. Wohin sie die Ampelregierung geführt hat, ist bekannt. Auch, dass das nicht mehr lange so weitergeht. Selbst bei den eigenen Genossen ist mittlerweile ordentlich Druck auf dem Kessel. Olaf Scholz hat in dieser Woche vermutlich die letzte Chance auf einen beherzten Befreiungsschlag.“

STERN PAID 41_24 Scholz Wiederwahl 12.09

„Schwäbische Zeitung“ (Ravensburg):„Was schon lange zur Debatte steht, kommt nun allen Signalen nach zum Vollzug: der Bruch der Ampelkoalition in Berlin. Und das wäre auch gut so. Dass Grüne und SPD trotzdem den Zusammenhalt beschwören, liegt nahe, bei Neuwahlen droht ihnen ein Desaster. (…) Die Liberalen riskieren sowieso alles. Und dass die extremen Ränder gestärkt aus dem Urnengang hervorgehen, dürfte sicher sein. Aber was wären die Alternativen? Weiter wie bisher? Hoffen auf eine Trendwende, also auf ein Wunder? Das ist dem Souverän, dem Bürger, kaum zumutbar. Denn das Vertrauen in diese Regierung ist kaputt. Und es gibt keinerlei Aussicht auf Besserung. Im Gegenteil, die ohnehin labile politische Landschaft in Deutschland, droht weiter Schaden zu nehmen. In dieser Gemengelage hat das Land einen Neuanfang verdient.“

Saarbrücker Zeitung“: „Was also macht Olaf Scholz? Die Empörung bei den Sozialdemokraten ist groß, auch wenn Parteichef Lars Klingbeil Gesprächsbereitschaft signalisiert. Doch das Heft des Handelns liegt nicht mehr bei den Parteispitzen. In dieser Situation muss der Kanzler führen, ein Signal geben – oder es bleiben lassen und das Aus seiner Regierung verkünden. Einfach alles an sich vorüberziehen lassen – diese Zeit ist vorbei.“

Infobox Hauptstadt NL

„Märkische Oderzeitung“ (Frankfurt/Oder): „Wirtschaftsunternehmen klagen über fehlende Handlungsfähigkeit der Regierung. Sie fordern Bürokratieabbau, schnellere Genehmigungsverfahren und wettbewerbsfähige Energiepreise. Das alles sind Aufgaben, die die Bundesregierung bewältigen kann – und sollte. Was tut die Ampel stattdessen? Allerlei Konzepte vorlegen, die leider gar nicht zusammenpassen und lediglich der jeweils eigenen Profilierung dienen sollen. Statt die Provokationsspirale immer weiterzudrehen und in den Wahlkampfmodus zu schalten, sollten sich die Ampel-Partner endlich auf einen gemeinsamen Weg verständigen. Und wenn das schon nicht mehr geht, einen Schlussstrich ziehen.“

„Nürnberger Nachrichten“: „Die Ampel ist am Boden. Die Vertrauensfrage wäre ein verlässlicher Garant, dem Schrecken ein Ende zu bereiten. Denn eine Regierung, die nicht mehr regieren will, schadet dem Land nur.“