Stuttgart 21: Stuttgart will im Streit um Gleisflächen vor Gericht ziehen
Ist der Tiefbahnhof in Stuttgart fertig, sollen Tausende Menschen auf den frei werdenden Gleisflächen ein Zuhause bekommen. Doch ein Gesetz könnte die Pläne kippen. Dagegen will die Stadt vorgehen.

Ist der Tiefbahnhof in Stuttgart fertig, sollen Tausende Menschen auf den frei werdenden Gleisflächen ein Zuhause bekommen. Doch ein Gesetz könnte die Pläne kippen. Dagegen will die Stadt vorgehen.

Im Streit um die Bebauung seiner zentralen Gleisflächen macht die Stadt Stuttgart ihre Interessen vor Gericht geltend und geht mit einer kommunalen Verfassungsbeschwerde gegen eine Verschärfung des Eisenbahnrechts vor. Diese regelt die Nachnutzung nicht mehr benötigter Bahnflächen und durchkreuzt die Pläne der Stadt, im Zuge des Bahnprojekts Stuttgart 21 das neue Rosenstein-Viertel zu errichten. Da sich das Rathaus durch die Rechtslage in seiner kommunalen Planungshoheit beschnitten sieht und die Zeit drängt, stimmte der Gemeinderat mehrheitlich für eine Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Frist dazu läuft Ende des Jahres ab.

Stadt fürchtet um „städtebauliche Jahrhundertchance“

Das Gesetz würde in Zeiten größter Wohnungsnot den Bau von rund 5.700 innerstädtischen Wohnungen für mehr als 10.000 Menschen blockieren, argumentierte die Stadt nach der Abstimmung. Eine „städtebauliche Jahrhundertchance für Stuttgart“ werde unmöglich gemacht, obwohl die Bahn das Gleisvorfeld nicht mehr nutzen wolle. Die Stadt hatte zuvor ein Gutachten in Auftrag gegeben, durch das sie sich in ihrer Position gestärkt fühlt. 

Nach der Neufassung kann das Eisenbahnbundesamt nur noch Bahnflächen freistellen, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse vorliegt. Städtebauliche Vorhaben wie der Bau von Wohnungen fallen aber nicht darunter. Allerdings will die Landeshauptstadt ein Stadtviertel auf den oberirdischen Gleisflächen am Hauptbahnhof errichten, die durch den Bau des Tiefbahnhofs im Rahmen von Stuttgart 21 frei werden. Die Gleise sollten nach den bisherigen Plänen abgebaut werden, die Fläche – rund 85 Hektar – hatte die Stadt der Bahn schon vor Jahrzehnten abgekauft. Das Rosenstein-Quartier ist nach Angaben der Stadt einer der wichtigsten Bausteine, um den Wohnungsbedarf in Stuttgart zu decken. 

Anzeichen für Einlenken des Bundes 

Zwar gibt es Anzeichen, dass Bundesregierung und Bundestag im Streit um die neue Fassung des Gesetzes noch einschreiten. Nach dem Aus der Ampel-Koalition dürfte sich die derzeit in Berlin debattierte Änderung des Gesetzes aber weiter hinziehen. 

Nicht nur in Stuttgart stehen Planungen auf der Kippe. Nach Angaben des Deutschen Städtetags sollen Gleisflächen eigentlich auch in Nürtingen (Kreis Esslingen), in Ulm, Berlin, Düsseldorf und auch in Braunschweig für den Wohnungsbau genutzt werden.