Justiz USA: Sturm aufs Kapitol: Begnadigt Trump die Angeklagten?
Trump sieht in denen, die das Kapitol stürmten, "Patrioten" und "politische Gefangene". Donald Trump kündigte schon im Wahlkampf an, viele von ihnen begnadigen zu wollen.  

Trump sieht in denen, die das Kapitol stürmten, „Patrioten“ und „politische Gefangene“. Donald Trump kündigte schon im Wahlkampf an, viele von ihnen begnadigen zu wollen.

 

Mehr als 1500 Menschen wurden wegen des Sturms auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 angeklagt, mehr als 200 von ihnen sind bisher verurteilt. Donald Trump, der den damaligen Gewaltexzess verharmlost, sieht in ihnen „Patrioten“ und „politische Gefangene“ – jetzt können sie auf die Gnade des neu gewählten US-Präsidenten hoffen. Und manche der Angeklagten versuchen bereits, ihre Verfahren bis nach Trumps Amtseinführung am 20. Januar hinauszuzögern.

„Ich bin geneigt, viele von ihnen zu begnadigen“, sagte Trump im Wahlkampf. Kürzlich bezeichnete er den 6. Januar, der als schwarzer Tag für die US-Demokratie in die Geschichte einging, gar als „Tag der Liebe“. Bewaffnet mit Fahnenstangen, Baseballschlägern und Elektroschockern griffen Trump-Anhänger damals den Sitz des Kongresses an. Sie wollten mit Gewalt verhindern, dass die Parlamentarier den Sieg des Demokraten Joe Biden über den Republikaner Trump bei der Wahl 2020 beglaubigten.

Trumps Wahl hilft den Angeklagten

Bei den stundenlangen Kämpfen mit der Kapitolspolizei wurden mehr als 140 Polizisten verletzt. Kurz vor dem Angriff hatte Trump die Menge in einer Rede mit seiner Lüge vom Wahlbetrug aufgestachelt und seinen fanatischen Anhängern zugerufen, sie sollten „kämpfen wie der Teufel“. Unter den Tätern waren viele Mitglieder rechtsextremer Milizen wie der Proud Boys und der Oath Keepers.

Fotostrecke Eskalation in Washington – 8.55 Uhr

Nun versuchen die Angreifer von damals, die Wiederwahl Trumps für sich zu nutzen. Der 21-jährige Christopher Carnell aus dem Bundesstaat North Carolina etwa beantragte, eine Anhörung in seinem Fall angesichts der „zahlreichen Gnadenversprechen“ Trumps zu verschieben. Carnell erwarte, „dass er von der Strafverfolgung befreit wird, wenn die neue Regierung ihr Amt antritt“, sagt sein Anwalt. Allerdings lehnte die Richterin den Antrag ab.

Eine weitere Angeklagte, Jaimee Avery, verlangte, ihre für diesen Freitag angesetzte Strafmaßverkündung bis nach dem 20. Januar zu verschieben. „Der designierte Präsident Trump, der eine weder eine wesentliche Rolle bei den Ereignissen vom 6. Januar 2021 gespielt hat, hat wiederholt öffentlich erklärt, dass er die Protestierenden begnadigen wird, sollte er die Präsidentschaft gewinnen“, argumentierte ihr Anwalt. Auch in diesem Fall lehnte der Richter jedoch den Antrag ab.

Der vom Justizministerium eingesetzte Sonderermittler Jack Smith hat Trump wegen Verschwörung angeklagt, weil er das Wahlergebnis von 2020 kippen wollte. In dieser Anklage geht es auch um Trumps Rolle beim Sturm auf das Kapitol. Bislang kam es jedoch nicht zum Prozess.

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Verfahren gegen Trump werden vermutlich eingestellt

Und nach Trumps Wahlsieg wird nun damit gerechnet, dass der Fall eingestellt wird – wie auch ein weiterer auf Bundesebene, in dem es um Trumps Mitnahme geheimer Regierungsdokumente in sein Privatanwesen in Florida geht. Nach Informationen der Sender CNN und NBC News sprachen Smith und das Justizministerium bereits über die Einstellung der Verfahren, da die lange eingeübte Praxis die strafrechtliche Verfolgung eines amtierenden Präsidenten ausschließe.

Nach jüngsten Angaben der Staatsanwaltschaft wurden 1561 Menschen im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol angeklagt. Mehr als 940 von ihnen bekannten sich schuldig, 210 wurden verurteilt. Zu den Verurteilten gehören auch führende Mitglieder der Proud Boys und Oath Keepers. Enrique Tarrio, Ex-Chef der Proud Boys, verbüßt eine 22-jährige Haftstrafe, weil er den Angriff anführte. Der Gründer der Oath Keepers, Stewart Rhodes, sitzt für 18 Jahre im Gefängnis.