Nach einer Gerichts-Klatsche für die Stadt München befasst sich der Stadtrat kommende Woche erneut mit dem Diesel-Fahrverbot. Das letzte Wort wird da aber laut OB Reiter noch immer nicht gesprochen.
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) erwartet die endgültige Entscheidung über eine Verschärfung des Diesel-Fahrverbotes in der Landeshauptstadt erst im kommenden Jahr.
Ob die Stadt ein Fahrverbot für Diesel-5-Fahrzeuge auf einem Teilstück der Landshuter Allee tatsächlich umsetzen müsse, hänge davon ab, ob der Grenzwert für Stickstoffdioxid im Jahresdurchschnitt eingehalten werden könne, sagte Reiter der Deutschen Presse-Agentur. „Eine Voraussage lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös treffen.“
Darum werde sich der Stadtrat nach dem für Mittwoch kommender Woche (27. November) geplanten Stadtratsbeschluss zum Fahrverbot im neuen Jahr noch einmal abschließend mit dem Thema befassen, wenn ein verlässlicher Stickstoffdioxid-Mittelwert vorliege, sagte Reiter. „Und je nachdem, ob der Grenzwert eingehalten wurde oder nicht, wird er gegebenenfalls ein strecken- oder zonales Fahrverbot für Diesel-5-Fahrzeuge verhängen.“
Laut dem zuständigen Referat für Klima– und Umweltschutz gibt es im Anschluss an die Entscheidung im Stadtrat eine gesetzlich vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung, die vom 11. Dezember bis einschließlich 27. Januar 2025 durchgeführt werden soll. „Die eingegangenen Stellungnahmen werden danach rechtlich und fachlich gewürdigt und dem Stadtrat zur finalen Entscheidung und Inkraftsetzung vorgelegt“, sagte eine Sprecherin des Referates.
Umweltschützer fordern seit Jahren bessere Münchner Luft
Seit Jahren fordern Umweltschützer bessere Luft in München – und die entsprechende Einhaltung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt. Denn vor allem an der Landshuter Allee, einem Teilstück des vielbefahrenen autobahnähnlichen Mittleren Rings, werden Stickstoffdioxid-Grenzwerte regelmäßig überschritten.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der ökologische Verkehrsclub VCD verlangen darum schon seit Jahren, das in München geltende Diesel-Fahrverbot zu verschärfen und auf Diesel-Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 5 auszuweiten. Dafür zogen sie auch durch alle Instanzen gegen die Stadt vor Gericht – mit Erfolg.
Richterliche Klatsche für die Stadt
Es gab eine juristische Klatsche für die Stadt nach der anderen: Zuletzt wies das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im Oktober eine Nichtzulassungsbeschwerde der Stadt München zurück.
Damit wurde ein von DUH und VCD erkämpftes Urteil rechtskräftig, wonach schnelle Maßnahmen ergriffen werden müssen, die sicher zu einer deutlichen Unterschreitung der Grenzwerte für das giftige Abgas Stickstoffdioxid (NO2) führen. Es entsteht vor allem im Straßenverkehr, kann Atemwegsbeschwerden auslösen und ebenso wie Feinstaub im Zusammenhang mit einer Vielzahl von Erkrankungen der Lunge und des Herz-Kreislaufsystems stehen.
Kritik am Tempo-30-Plan
Zuletzt hatte die Stadt versucht, mit Tempo-30-Zonen gegen die zu hohen Stickstoffdioxid-Werte anzukämpfen, um ein verschärftes Fahrverbot zu umgehen. Das Vorgehen hatte heftige Kritik von Umweltschützern hervorgerufen.
„Die Stadt München hat schon zu viel Zeit verloren und den Münchner Bürgerinnen und Bürgern mit ihrer rechtswidrigen Verweigerung von Fahrverboten das Recht auf Saubere Luft verwehrt“, sagte der Bundesgeschäftsführer der DUH, Jürgen Resch. „Wir erwarten die Umsetzung des höchstrichterlich bestätigten Urteils des Verwaltungsgerichtshofs. Demnach hat die Stadt nur noch die Wahl, entweder eine streckenbezogene oder eine zonale Erweiterung des Diesel-Fahrverbots auf Euro-5-Fahrzeuge zu beschließen. Der Stadtrat hat diese Entscheidung nun zu treffen. Fast 15 Jahre illegale Zustände in München können damit endlich beendet werden.“
Grenzwert für NO2 seit 15 Jahren nicht eingehalten
Auch nach 15 Jahren werde der Grenzwert NO2 noch nicht eingehalten. Er begrüße daher, dass die Stadt das lange geforderte Fahrverbot nun in der kommenden Woche mit dem ersten Stadtratsbeschluss zum Thema auf den Weg bringen wolle.
Reiter verteidigte derweil seinen Tempo-30-Plan: „Bei der Einführung von Tempo 30 für diesen Bereich der Landshuter Allee war für mich die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ausschlaggebend. Bevor wir rund 50.000 in München zugelassene Diesel-5-Fahrzeuge mit einem Fahrverbot belegen, sollte mit der Einführung von Tempo 30 für dieses Teilstück ein Versuch gestartet werden, die Luftbelastung durch niedrigere Geschwindigkeit zu verbessern“, sagte er der dpa. „Die Werte haben sich auch bereits im Monatsvergleich verbessert, aber ausschlaggebend ist für Stickstoffdioxid der Durchschnittswert für das gesamte Jahr.“
ADAC leistet Schützenhilfe für Reiter
Schützenhilfe bekommen Reiter und seine zögerliche Herangehensweise an ein verschärftes Diesel-Verbot vom Automobilclub ADAC: „Für den ADAC steht fest, dass bereits bestehende Regeln ausreichen könnten, die Stickstoffdioxid-Grenzwerte einzuhalten. Dafür müssten aber die Vorgaben wie das Transitverbot für Lkw besser kontrolliert werden“, sagte ein Sprecher.
Sollte die Landeshauptstadt sich „gezwungen sehen“, neue Fahrverbote zu verordnen, fordert der ADAC Südbayern „ein Vorgehen mit viel Feingefühl sowie eine gute Kommunikation der Maßnahmen“. Anwohner und Pendler, die auf ihren Pkw angewiesen seien, dürften – so der ADAC-Sprecher – nicht zusätzlich belastet werden.
Im Februar dieses Jahres wären in München 46.578 Autos von einem verschärften Dieselverbot betroffen gewesen, wie der ADAC unter Berufung auf Zahlen des Statistischen Amtes München mitteilte. „Daher gehen wir davon aus, dass aktuell noch mehr als 40.000 Pkw mit der entsprechenden Schadstoffklasse zugelassen sind.“ Wie viele betroffene Pendler noch dazukommen, konnte der ADAC nicht sagen: „Für das Münchner Umland liegen uns leider keine Zahlen vor.“