Krise in der Autoindustrie: Bosch setzt Rotstift an - 5.550 Stellen sollen wegfallen
Das Geschäft in der Autobranche schwächelt - auch beim Zulieferer Bosch. Nun verkündet das Management die nächste Hiobsbotschaft. Der Betriebsrat kündigt Widerstand an.

Das Geschäft in der Autobranche schwächelt – auch beim Zulieferer Bosch. Nun verkündet das Management die nächste Hiobsbotschaft. Der Betriebsrat kündigt Widerstand an.

Angesicht der Krise in der Autoindustrie will der Zulieferer Bosch mehr Stellen streichen als bislang bekannt. In den kommenden Jahren gebe es einen weiteren „Anpassungsbedarf“ von bis zu 5.550 Stellen, teilte eine Unternehmenssprecherin mit. Mehr als zwei Drittel davon – insgesamt 3.800 Jobs – sollen in Deutschland wegfallen. 

Bei den Zahlen handelt es sich den Angaben nach um Planungen. Genaue Zahlen seien Teil der Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern, die nun beginnen sollen. Der Abbau solle so sozialverträglich wie möglich gestaltet werden. Es gelte weiter die Mitte 2023 geschlossene Vereinbarung, die betriebsbedingte Kündigungen in der Zuliefersparte in Deutschland bis Ende 2027 ausschließe, in Teilen sogar bis Ende 2029. In dem Bereich arbeiteten Ende 2023 gut 72.000 der rund 134.000 Bosch-Mitarbeiter hierzulande. 

Software-Bereich besonders betroffen

Von den aktuellen Plänen am stärksten betroffen ist der Geschäftsbereich Cross-Domain Computing Solutions, der zum Beispiel für Assistenzsysteme und automatisiertes Fahren zuständig ist. Bis Ende 2027 sollen dort weltweit 3.500 Stellen wegfallen, davon etwa die Hälfte in Deutschland. Dem Betriebsrat zufolge geht es um die Standorte Leonberg, Abstatt, Renningen und Schwieberdingen in Baden-Württemberg sowie Hildesheim in Niedersachsen.

Darüber hinaus sollen im Werk Hildesheim, in dem Bosch Produkte für die Elektromobilität fertigt, bis 2032 insgesamt rund 750 Stellen wegfallen – ein Großteil davon (600) bereits bis Ende 2026. Außerdem gibt es Sparpläne für die Sparte, die Lenksysteme für Autos und Lastwagen herstellt. Am Standort in Schwäbisch Gmünd sollen von 2027 bis 2030 bis zu 1.300 Jobs abgebaut werden – mehr als ein Drittel der Beschäftigten dort.

Grund für Abbaupläne: Krise in der Autobranche

Der Zulieferer begründet die Sparpläne mit der Krise in der Autoindustrie. „Die globale Fahrzeugproduktion wird in diesem Jahr bei rund 93 Millionen Einheiten stagnieren, wenn nicht sogar gegenüber dem Vorjahr leicht zurückgehen“, teilte Bosch mit. Im kommenden Jahr erwarte man allenfalls eine geringfügige Erholung. In der Branche gebe es erhebliche Überkapazitäten. Auch der Wettbewerbs- und Preisdruck habe sich verschärft. 

Die Hersteller rufen nach Angaben von Bosch zum Beispiel deutlich weniger Teile für E-Autos ab, was in Hildesheim zu Personalüberhängen führt. Außerdem entwickle sich der Markt für Zukunftstechnologie anders als von Bosch erwartet: Fahrerassistenzsysteme und Lösungen zum automatisierten Fahren würden nicht so nachgefragt wie prognostiziert. Aktuell würden viele derartige Projekte seitens der Hersteller zurückgestellt oder aufgegeben, hieß es.

In der Lenkungssparte macht Bosch demnach der verschärfte Wettbewerb zu schaffen. Als Reaktion plane man, Funktionen zu bündeln und Kosten zu senken. Dazu sollen auch bestehende Werke im Ausland mit anderen Kostenstrukturen besser ausgelastet werden, um die Lenksysteme zu wettbewerbsfähigen Preisen international anbieten zu können. 

Hartung: 2024 ist schlechter gelaufen als erwartet

Bosch-Chef Stefan Hartung verteidigte die Abbaupläne: „Wir stehen unter erheblichem Kostendruck und müssen unsere Strukturen nochmals überdenken, um unsere Kapazitäten auszulasten“, sagte der Manager der „Automobilwoche“. Wenn erhebliche Stückzahlen in der E-Mobilität wegfallen, dann ergeben sich Hartung zufolge daraus strukturelle Probleme, denen Bosch durch die Anpassung von Ressourcen begegnen muss.

2024 ist Hartung zufolge schlechter gelaufen als erwartet. Er hatte jüngst angekündigt, dass Bosch seine wirtschaftlichen Ziele in diesem Jahr nicht erreichen wird. Der Konzern rechnet – entgegen der ursprünglichen Prognose – damit, dass der Umsatz 2024 leicht unter dem des Vorjahres liegen wird. 2023 hatte Bosch knapp 92 Milliarden Euro erwirtschaftet. Auch bei der Rendite, also dem Anteil des Gewinns am Umsatz, werde man die Ziele verfehlen. 

Betriebsratschef: Ankündigung ist „Schlag ins Gesicht“

Scharfe Kritik an den Plänen kam von den Arbeitnehmervertretern. „Die Ankündigung des Unternehmens, Personal in diesem Ausmaß zu reduzieren, ist für die Mitarbeiter ein Schlag ins Gesicht“, teilte der Betriebsratschef der Zuliefersparte, Frank Sell, mit. Bereits im Mai sei in vier verschiedenen Geschäftsbereichen ein Personalabbau von insgesamt rund 2.200 Stellen vereinbart worden. Der zusätzliche Personalabbau innerhalb kurzer Zeit lasse das Vertrauen in die Geschäftsführung schwinden und führe zu großer Verunsicherung.

Bosch kürzte in den vergangenen Monaten auch bei zahlreichen Mitarbeitern die Arbeitszeit – und das Gehalt entsprechend. „Durch den einseitigen Eingriff des Unternehmens in das Entgelt der Beschäftigten haben wir zudem einen neuen Tiefpunkt unserer Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung erreicht“, teilte Sell weiter mit. Damit werde der soziale Frieden im Unternehmen aufs Spiel gesetzt. „Wir werden unseren Widerstand zu diesen Plänen nun auf allen Ebenen organisieren.“

Immer wieder Pläne bei Bosch bekanntgeworden 

Seit einem guten Jahr waren mehrfach Pläne des Technologiekonzerns bekanntgeworden, weltweit Stellen zu streichen. Insgesamt geht es um mehr als 7.000 Jobs. Betroffen sind zu einem großen Teil deutsche Standorte – unter anderem in Bereichen der Autozuliefersparte, aber auch in der Werkzeugsparte und bei der Hausgeräte-Tochter BSH.

Im Frühjahr hatten Tausende Bosch-Beschäftigte bundesweit gegen den geplanten Abbau protestiert. Allein vor die Konzernzentrale auf der Gerlinger Schillerhöhe bei Stuttgart waren damals mehr als 10.000 Menschen gekommen. Auch an anderen Standorten gab es große Proteste mit rund 15.000 Teilnehmern.

Branche in der Krise

Die Autoindustrie steckt angesichts schwacher Konjunktur in der Krise und leidet unter der schwachen Nachfrage vor allem nach E-Autos. Ford will bis 2027 in Deutschland 2.900 Stellen streichen. Im komplett auf Elektro umgestellten Werk in Köln, wo bereits Kurzarbeit gilt, soll jeder vierte Job wegfallen. Bei Volkswagen stehen Lohnkürzungen, Werksschließungen und ein Stellenabbau im Raum, laut Betriebsrat sind drei Werke und Zehntausende Jobs bedroht. Mit Warnstreiks will die IG Metall dagegen mobil machen. Auch die Zulieferer ZF, Continental und Schaeffler wollen Tausende Stellen abbauen.