Nach fünf sieglosen Spielen steht RB Leipzig in der Königsklasse fast chancenlos da. In der Liga droht das Abrutschen, im DFB-Pokal das Aus. Das Team nimmt sich in die Pflicht. Was passiert mit Rose?
Der zuletzt glücklose Marco Rose und Red-Bull-Chef Oliver Mintzlaff telefonieren in diesen Leipziger Krisentagen schon fast in einer Dauerschalte. Die Probleme bei RB werden täglich größer, nach dem 0:1 bei Inter Mailand hilft nur noch ein Fußball-Wunder gegen das vorzeitige Champions-League-Aus. Selbst ein motivierender Kabinenbesuch von Mintzlaff im Stadion von San Siro vor Anpfiff half nicht, die fünfte Niederlage im fünften Spiel zu verhindern. Coach Rose gerät immer mehr unter Druck.
„Wir sind sogar in einem sehr engen Austausch“, sagte der Trainer zum regen Handy-Kontakt mit Mintzlaff. Seine eigene Lage nach dem nun fünften sieglosen Pflichtspiel in Serie wollte er nicht bewerten. „Ich sehe mich nicht in der Situation, mich zu erklären.“
Trainer setzt auf Zusammenhalt
Wie sehr steht der mächtige Red-Bull-Boss noch hinter seinem Coach? Vor wenigen Wochen – als Leipzig noch mitten in einer Erfolgsserie von 19 ungeschlagenen Spielen war – überraschte Mintzlaff mit klaren Worten. „Man war nie da, wenn die Lücke aufging“, haderte er zu verpassten Titelchancen in Deutschland.
„Nur am Wettbewerb teilzunehmen, diese Phase liegt mittlerweile hinter RB Leipzig“, meinte Mintzlaff damals zudem. Es kam zu einem klärenden Gespräch. In der ersten Krise von Rose in seiner dreijährigen Amtszeit wolle man nun „zusammenstehen und gemeinsam da durch“, beteuerte der Trainer.
Warten auf Rose-Kumpel Klopp
Von Kurzschlusshandlungen scheint Mintzlaff bei seinem Lieblingsclub im großen Fußball-Kosmos des Getränkeherstellers weit entfernt. Immerhin sind es nur noch wenige Wochen bis zum Amtsantritt von Jürgen Klopp als Head of Global Soccer bei Red Bull. Gut möglich, dass RB just in der Wartephase auf den vermeintlichen Heilsbringer – der zudem ein Rose-Kumpel aus früheren Zeiten ist – nicht auch noch einen neuen Coach suchen will.
Zumal Rose mit einer kritischen Personal-Situation umgehen muss. Der Kader der Sachsen ist klein, von vielen Jungtalenten geprägt und nach den jüngsten Verletzungsausfällen von Xaver Schlager, Xavi Simons und David Raum ausgedünnt. In Mailand erlitt zu allem Überfluss auch noch Assan Ouédraogo eine Muskelverletzung und fällt vorerst aus.
Torhüter Peter Gulacsi verwies entschuldigend darauf, gegen Inter mit nur fünf Feldspielern auf der Auswechselbank angetreten zu sein. „Wir haben so viel Rückschläge zuletzt und haben nicht so viele Möglichkeiten nachzulegen“, sagte der Ungar.
Genug Qualität sieht Rose immer noch im minimierten Kader. „Ich betrachte unsere Situation sehr differenziert, möchte sie aber nicht schönreden“, sagte er. Zum 0:1 durch Castello Lukeba (27. Minute) sagte der Coach: „Das Eigentor passt so ein bisschen zur Gesamtsituation“. Auch, dass die hoch eingeschätzten Stürmer Loïs Openda und Benjamin Sesko erneut wirkungslos blieben.
Mannschaft in der Pflicht
Nach dem Rückschlag stellten sich die Führungsspieler deutlich vor ihren Coach. „Ich kann mir aktuell keinen besseren Trainer für uns vorstellen. Ich glaube, die Mannschaft ist jetzt auch mal in der Pflicht. Wir haben junge Spieler, aber die müssen auch mal den nächsten Schritt machen, noch reifer werden“, sagte RB-Kapitän Willi Orban. „Es ist die erste Krise, die wir gemeinsam mit dem Coach haben, das Vertrauen müssen wir ihm geben. Jetzt sind wir Jungs gefordert.“
Mit Blick auf das Bundesligaspiel am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den VfL Wolfsburg sah Orban einen „kleinen Schritt – leider ohne Punkte und ohne Belohnung.“
Erstes Endspiel gegen Aston Villa
Für Rose selbst ist die Rechnung in der Champions League „simpel“, wie er meinte. „Es sind drei Spiele, wir brauchen neun Punkte. Aston Villa ist das erste Endspiel, ich glaube, dass man mit neun Punkten tatsächlich die Chance hat, weiterzukommen“, meinte Rose vor den RB-Finalwochen in der Königsklasse mit den Duellen am 10. Dezember gegen Aston Villa, am 22. Januar gegen Sporting Lissabon und dann am 29. Januar bei Sturm Graz.
Sollten die Sachsen im DFB-Pokal-Achtelfinale am kommenden Mittwoch (20.45 Uhr/Sky) gegen Eintracht Frankfurt ein wichtiges Saisonziel frühzeitig verspielen, dann dürfte sich die Situation wohl schon davor weiter verschärfen.