Der Ruhrpott feiert 125 Jahre Emschergenossenschaft. Der Abwasserverband wuppte zuletzt den Umbau des Flusses von der Kloake zurück zur Natur. Der Bundeskanzler nutzt das Fest für eigene Botschaften.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich bei einem Besuch im Ruhrgebiet für den Erhalt der Stahlproduktion in Deutschland eingesetzt. „Stahl muss in Deutschland produziert und verarbeitet werden“, betonte der SPD-Politiker und Kanzlerkandidat für die kommende Neuwahl am Donnerstag in Bochum. Daher fördere die Regierung auch den Umstieg in klimafreundliche Produktionen, etwa bei Thyssenkrupp im Ruhrgebiet. „Das verbinden wir dann aber auch mit der Erwartung, dass Produktion und Arbeitsplätze in Deutschland erhalten werden“, folgerte Scholz. Er werde weiter mit dem Stahlunternehmen und der Gewerkschaft daran arbeiten, diese Produktion zu sichern, versprach der Kanzler.
Thyssenkrupp hatte am Montag verkündet, dass die Zahl der Arbeitsplätze bei Thyssenkrupp Stahl innerhalb von sechs Jahren um 11.000 schrumpfen soll. Von jetzt 27.000 Stellen sollen dann noch 16.000 übrig sein.
Die Produktion dürfe auch aus strategischen Gründen nicht immer kleiner werden, sagte Scholz. Stahl stehe als Grundstoff am Anfang vieler industrieller Wertschöpfungsketten, sei nicht nur wichtig für Landesverteidigung und Automobilindustrie.
Dabei setzte er sich für einen „pragmatischen Kurs“ ein: „Wir folgen in Sachen Klimaschutz keinen wirklichkeitsfernen Wunschvorstellungen“, so Scholz. Auch dem Klima sei nicht damit geholfen, „wenn wir in Deutschland und Europa so viel regulieren und vorschreiben, dass die energieintensive Industrie an Orte mit geringeren Umweltstandards abwandert.“
Scholz lobt „Emscher-Spirit“: Vom Abwasserfluss zur Naturlandschaft
Scholz hatte am Donnerstag einen Festakt zum 125-jährigen Bestehen des Wasserwirtschaftsverbandes Emschergenossenschaft eröffnet. Als erster öffentlich-rechtlicher Verband dieser Art in Deutschland war die Emschergenossenschaft 1899 gegründet worden, um das Abwasserproblem im wachsenden Ruhrgebiet in den Griff zu bekommen. Herausragendes Infrastruktur-Projekt der letzten zwanzig Jahre war der Umbau des einstigen offenen Abwasserflusses zu einer renaturierten Flusslandschaft – getrennt von einem nun unterirdisch verlaufenden Abwasserkanal.
Scholz lobte diesen Umbau als nachahmenswertes Beispiel für Pragmatismus und Hartnäckigkeit. „Nur mit einem entschiedenen ‚Wir packen das, weil wir anpacken'“ komme man in einer Zeit großer Umbrüche voran. Um derartige Projekte für die Bürger- und Bürgerinnen umzusetzen, brauche es aber auch finanzielle Mittel. Man dürfe Straßen, Brücken und Bahn nicht länger verfallen lassen und es müsse jetzt in Zukunftstechnologien und Digitalisierung investieren. „Deswegen werde ich für eine solide, verlässliche Basis für Investitionen in unserem Land werben“, betonte Scholz.