Hamburgs Ex-Bürgermeister Ole von Beust und Christoph Ahlhaus wussten nach eigenen Angaben nichts von den Cum-Ex-Geschäften der HSH Nordbank. Ihnen ging es um die prekäre Lage der Bank.
Zum Abschluss der Zeugenbefragungen im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss haben frühere Hamburger Bürgermeister und Senatoren keine weiteren Erkenntnisse zum Cum-Ex-Skandal in der HSH Nordbank beigetragen. Sowohl Ex-Bürgermeister Ole von Beust als auch sein Nachfolger Christoph Ahlhaus (beide CDU) sagten, nichts von den Geschäften der Bank gewusst zu haben.
Die damalige Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein hatte sich laut eigener Prüfung zwischen 2008 und 2011 in 29 Fällen Kapitalertragssteuern erstatten lassen, die zuvor gar nicht gezahlt worden waren. 2014 hatte die HSH rund 126 Millionen Euro an die Steuerverwaltung zurückgezahlt.
Beust: Zahlreiche Gespräche zur Krise der HSH Nordbank
Beust – von 2001 bis 2010 Regierungschef – sagte, von Cum-Ex- oder Cum-Cum-Geschäften habe er nichts gewusst, er sei auch nicht informiert worden. Vielmehr sei es stets um die Lage der in großen Schwierigkeiten steckenden Bank gegangen. Nach der Lehman-Krise 2008 sei er dauernd informiert worden, es habe zahlreiche Gespräche gegeben.
Dass es damals bereits in einer anderen Sache staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegeben habe, habe ihn nicht dazu bewogen, selbst tätig zu werden, sagte Beust. Zum einen habe er auf die zuständigen Behörden vertraut, zum anderen mische er sich in Ermittlungen grundsätzlich nicht ein. „Das sieht immer nach Einflussnahme aus“, sagte Beust. Auch seinem Nachfolger Ahlhaus habe er keine Ratschläge gegeben. „Ich empfehle Nachfolgern grundsätzlich nichts. Die müssen ihr Ding selber machen.“
Ahlhaus: Cum-Ex-Geschäfte nie zur Sprache gekommen
Ahlhaus, seit 2023 Bundesgeschäftsführer des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, sagte, in seinem guten halben Jahr im Amt des Bürgermeisters sei allein die allgemeine Lage der Bank Thema gewesen. Cum-Ex-Geschäfte seien dabei nie zur Sprache gekommen. Ansonsten habe er nur mit dem damaligen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU) den früheren Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Landesbank gemacht. Auch die frühere Finanzsenatorin Herlind Gundelach (CDU) lieferte keine neuen Erkenntnisse.
Der frühere Senator Thomas Mirow (SPD), zwischen 2013 und 2018 HSH-Aufsichtsratsvorsitzender, sagte, dass es ihm nach Bekanntwerden der Cum-Ex-Fälle darum gegangen sei, der Reputation der Bank nicht weiter zu schaden. Alle Erkenntnisse seien mit den Behörden und der Staatsanwaltschaft geteilt worden. „Es sollte nicht der Eindruck entstehen, dass das eine Bank ist, bei der es drunter und drüber geht und die kriminelle Geschäfte macht.“
Warburg-Bank-Gesellschafter Olearius lässt Erklärung verlesen
Vor der Zeugenvernehmung gaben Vertreter des Warburg-Bank-Gesellschafters Christian Olearius und der Hamburg Commercial Bank (HCB), Rechtsnachfolgerin der HSH Nordbank, Erklärungen ab. Olearius Anwalt, der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler, kritisierte dabei eine Ungleichbehandlung von privaten Geldhäusern und Landesbanken bei der Cum-Ex-Aufklärung.
Es sei mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar, wenn der Staat „ausgesuchte Private an den Pranger stellt und im Auftrag von Amtsträgern für vermeintliche Straftaten verfolgt, die die „öffentliche Hände“ offensichtlich selbst und fortgesetzt begangen haben“, sagte Gauweiler. „In der Sprache der Juristen kann man die aktuellen Vorgänge auch staatlich gebilligte Rechtsbeugung nennen, begangen in bandenmäßiger Form.“
Sören Schomburg, Vertreter der HSH-Nachfolgerin Hamburg Commercial Bank (HCOB), wies den Vergleich zwischen den Cum-Ex-Fällen bei der HSH und der Warburg Bank zurück. Die HSH habe die Geschäfte selbst aufgeklärt, die Behörden umgehend davon unterrichtet, alle Informationen zugänglich gemacht und den entstanden Schaden freiwillig beglichen. Auch habe keine Verjährung des Steuerschadens im Raum gestanden.
Olearius soll – wenn möglich – vor Ausschuss erscheinen
Laut Plan war es eigentlich die letzte Zeugenvernehmung des Untersuchungsausschusses, bevor der Abschlussbericht am 26. Februar – in der letzten Sitzung vor der Hamburg-Wahl – in der Bürgerschaft beraten werden soll.
Auf Antrag der Linken soll nun aber doch noch einmal versucht werden, Olearius persönlich vor den Ausschuss zu laden. Es wurde beschlossen, zunächst die Bereitschaft des 82-jährigen und gesundheitlich stark eingeschränkten Bankers zu erfragen. Sollte er sich nicht in der Lage sehen, persönlich vor die Abgeordneten zu treten, sollen schriftliche Fragen an ihn formuliert werden.
Ausschuss drehte sich ursprünglich nur um die Warburg Bank
Der Ausschuss war Ende Oktober 2020 eigentlich eingerichtet worden, um eine mögliche politische Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der Warburg Bank zu klären. Hintergrund waren drei Treffen des damaligen Bürgermeisters Olaf Scholz mit den Warburg-Gesellschaftern Olearius und Max Warburg 2016 und 2017, die Scholz erst nach und nach bestätigt hatte. Gegen Olearius war damals bereits wegen des Verdachts des schweren Steuerbetrugs ermittelt worden.
Nach den ersten Treffen hatte die Finanzverwaltung entgegen ursprünglicher Pläne auf die Rückforderungen von 47 Millionen Euro zu unrecht erstatteter Kapitalertragsteuer gegen die Bank verzichtet – und diese nach Ansicht der an der Entscheidung Beteiligten in die Verjährung laufenlassen. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst auf Weisung des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert.