Mehr als 1.000 Juden leben inzwischen wieder in Mecklenburg-Vorpommern. Auch angesichts einer wachsenden Zahl antisemitischer Vorfälle setzen Regierung und Parlament klare Zeichen.
Regierung und Parlament in Mecklenburg-Vorpommern sind sich ihrer besonderen Verantwortung für Sicherheit und Wohlergehen von Juden bewusst – das hat die für Kirchenfragen zuständige Kulturministerin Bettina Martin betont. „Der Schutz jüdischen Lebens ist ein prioritäres Ziel der Landesregierung. Dafür haben wir 2024 viel getan; denn die Bedrohung durch antisemitische Vorfälle steigt leider auch in MV an“, erklärte Martin in Schwerin.
Nach Angaben des Innenministeriums hat sich die Zahl der im Land registrierten antisemitischen Straftaten im ersten Halbjahr 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 69 mehr als verdoppelt.
Martin verwies auf den Mitte November von der Landesregierung beschlossenen Landesaktionsplan gegen Antisemitismus, an dessen Erarbeitung etwa 20 Netzwerkpartner beteiligt gewesen seien. Kurz darauf brachte der Landtag eine Gesetzesänderung auf den Weg, mit Schutz und Förderung jüdischen Lebens als Staatsziel in der Landesverfassung verankert werden sollen. „Damit wird eine zentrale Forderung aus dem Aktionsplan bereits erfüllt“, stellte Martin fest.
Sehr wichtig sei auch, dass die jüdische Kultur im Land sichtbar sei. „Denn sie ist selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft“, betonte die SPD-Politikerin. Begegnungen seien unverzichtbar, auch um Vorurteile abzubauen.
„Der Landesaktionsplan gegen Antisemitismus ist ein gemeinsames Fundament für staatliches und zivilgesellschaftliches Handeln. Er macht deutlich, dass in Mecklenburg-Vorpommern kein Raum für Judenhass besteht“, betonte der Landesbeauftragte für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Nikolaus Voss. Eine besondere Bedeutung komme der Prävention durch Bildungsarbeit zu, die früh einsetzen müsse. Daher sei auch eine Anleitung für Lehrkräfte zum Umgang mit dem Thema Antisemitismus in Grundschule und Orientierungsstufe erarbeitet worden, die in Kürze verteilt werden solle.
Die oppositionelle CDU erneuerte indes ihre Kritik, dass in der Kulturförderung des Landes nach wie vor eine Regelung fehle, die Projekte mit antisemitischen Bezügen von der Förderung ausnimmt. Die CDU-Landtagsabgeordnete Katy Hoffmeister hatte die Notwendigkeit einer solchen Klarstellung unter anderem mit Geschehnissen auf der documenta in Kassel und dem Filmfest Berlinale begründet. Nach ihrem Eindruck gebe es in „einigen akademischen Milieus tief sitzende Ressentiments gegen Juden“, sagte sie.
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es nach dem Zuzug aus der ehemaligen Sowjetunion inzwischen wieder zwei jüdische Gemeinden in Schwerin und Rostock. Zusammen haben sie nach Angaben des Kulturministeriums rund 1.100 Mitglieder. Im Jahr 1994 hatten im Nordosten lediglich 138 Juden gelebt.