Nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen in Österreich und dem angekündigten Rücktritt von Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer ist der Vorstand der Partei zu Beratungen zusammengekommen. Der Parteivorstand der Konservativen tagte am Sonntagvormittag im Bundeskanzleramt in Wien, wie die Nachrichtenagentur APA berichtete. Unter Verweis auf die ÖVP-Landesverbände schrieb APA, das Rennen um die Parteispitze sei noch offen.
Als mögliche Nachfolger Nehammers werden demnach der Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich, Wolfgang Hattmannsdorfer, sowie Altkanzler Sebastian Kurz gehandelt. Es wird erwartet, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen sich noch am Sonntag an die Öffentlichkeit wendet.
Die Koalitionsgespräche zwischen der ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ waren nach wochenlangen Verhandlungen am Samstag gescheitert. Bundeskanzler Nehammer kündigte daraufhin seinen Rücktritt als Regierungschef und Parteivorsitzender an.
Nehammer hatte sich nach der Wahl auch offen für Gespräche mit der rechtspopulistischen FPÖ gezeigt, eine Zusammenarbeit mit deren ultrarechten Parteichef Herbert Kickl aber ausgeschlossen. Sollte es auch nach Nehammers Rücktritt keine Zusammenarbeit dieser beiden Parteien geben, stehen nach Angaben von Beobachtern Neuwahlen in dem Neun-Millionen-Einwohner-Land an. Laut jüngsten Umfragen liegt die FPÖ erneut mit etwa 35 Prozent vorn.
Bei der Parlamentswahl Ende September war die FPÖ mit 28,85 Prozent der Stimmen erstmals stärkste Kraft im Parlament geworden. Die konservative ÖVP erzielte 26,3 Prozent, gefolgt von der sozialdemokratischen SPÖ mit 21,1 Prozent.
Der rechtsradikale FPÖ-Chef Kickl, der Kanzler werden will, fand bei ÖVP und SPÖ keinen Partner für eine Regierungsbildung. Daraufhin hatten ÖVP, SPÖ und die liberale Neos Koalitionsverhandlungen aufgenommen. Die Neos stieg aber am Freitag aus den Koalitionsgesprächen aus, am Samstag dann scheiterten die Verhandlungen auch zwischen ÖVP und SPÖ endgültig.