Autobiografie: Exklusiver Buchauszug: Der Papst erzählt einen Witz über sich selbst
Papst? Das muss ein ernster Job sein. Könnte man meinen. Doch in seiner neuen Autobiografie präsentiert sich Franziskus ganz anders. Lesen Sie hier exklusive Passagen vorab.

Papst? Das muss ein ernster Job sein. Könnte man meinen. Doch in seiner neuen Autobiografie präsentiert sich Franziskus ganz anders. Lesen Sie hier exklusive Passagen vorab.

In seiner Autobiografie „Hoffe“ schildert der Papst Franziskus nicht nur, wie humorvoll es in seiner Familie zuging, sondern weist auch auf die Fähigkeit seiner Vorgänger zur Ironie hin. Ja, der Papst beweist selbst feinsinnigen Humor und erzählt am Ende sogar noch einen Witz – über sich.

Die kleine Hoffnung ist auch fröhlich. Sie weiß, dass Humor und Lächeln sozusagen der Sauerteig der Existenz sind, Instrumente, die uns helfen, Schwierigkeiten, ja sogar ein Kreuz mutig zu tragen. Die Ironie ist eine Erklärung der Würde. Und wie hat der Schriftsteller Romain Gary diese doch definiert? Als „Beweis für die Überlegenheit des Menschen über das, was ihm widerfährt“. […]

Und auch das haben wir schon als Kinder in der Familie von unseren Eltern gelernt.[…]

Für uns Geschwister galt diese Pädagogik der Freude, mit einer ordentlichen Dosis Ironie und Witz, als sehr wichtig. […]

Papst Franziskus: Die Aufnahme von 1940 zeigt den Pontifex (Bräutigam) und seinen Bruder Oscar (Braut) verkleidet für den Karneval, im Hintergrund ihr Vater
© Papst Franziskus Privatarchiv

Meine Familie hat schwierige Zeiten erlebt, voller Leid und Tränen, aber selbst in den dunkelsten Momenten haben wir die Erfahrung gemacht, dass ein Lächeln, ein Lachen uns die Kraft geben konnte, die man brauchte, um weiterzumachen. Das hat uns vor allem mein Vater gelehrt. Doch das heißt nicht, dass man wegschaut, so tut, als wäre nichts, und Probleme kleinredet – denn Komik ist nichts anderes als Tragik von hinten betrachtet. Nein, letztlich handelt es sich darum, in sich einen Raum entschiedener Freude zu bewahren, um diese Probleme angehen und überwinden zu können. […]

Komiker zu Gast bei Papst Franziskus im Vatikan

Und um dieses unauflösbare Band zu feiern, diese glückliche Ehe zwischen Hoffen und Freuen, habe ich in den Monaten, die der Öffnung der Heiligen Pforte zum neuen Heiligen Jahr vorangehen, über hundert Komiker und Komikerinnen aus den verschiedensten Ländern und Disziplinen in den Vatikan eingeladen. Der ein oder andere sah sich zu dem Hinweis veranlasst, dass dies ein ziemlich großer Schritt für die Kirche sei, da man Schauspieler und Gaukler früher doch in ungeweihter Erde begraben musste. Andererseits ist ein Schritt wie dieser das Mindeste, was man von einem Papst, der den Namen des heiligen Franziskus trägt, des Gauklers Gottes, erwarten kann. Kurz darauf bemerkte einer dieser Künstler scharfsinnig, der Versuch, Gott zum Lachen zu bringen, sei zwar schön und gut … andererseits sei da eben auch das Problem seiner Allwissenheit, was heißt, dass der Herr alle Witze im Voraus kennt und einem die Pointe vermasselt. Aber genau diese Art von Humor tut dem Herzen gut.

Das Leben hat seine bitteren Seiten. Sie gehören zu jedem Weg, auf dem wir hoffen und umkehren. Aber wir müssen um jeden Preis vermeiden, uns in der Melancholie zu aalen und sie in unser Herz zu lassen. […]

Das sind Versuchungen, denen gegenüber nicht einmal die geweihten Diener der Kirche immun sind. Und so treffen wir immer wieder verbitterte, melancholische Kleriker, die eher autoritär als glaubwürdig sind, eher „alte Junker“ als würdige Gatten der Kirche, mehr Funktionäre als Hirten. Manche sind wieder eher oberflächlich als froh, und auch das ist nicht richtig. Aber im Allgemeinen haben wir Geistlichen eher eine Neigung zum Humor. Wir kennen auch Witze und Geschichten, in denen wir nicht nur bloß die Hauptfiguren sind, sondern die wir auch noch besonders gut erzählen können.

Immer zu Scherzen aufgelegt: Papst Johannes XXIII.

Das gilt auch für Päpste. Johannes XXIII., dessen immer zu Scherzen aufgelegtes Naturell bekannt war, sagte einmal während einer Ansprache: „Es passiert mir vor allem nachts, dass ich anfange, über eine Reihe schwerwiegender Probleme nachzudenken. Dann treffe ich mutig und entschlossen die Entscheidung, am nächsten Morgen mit dem Papst darüber zu reden. Und wenn ich dann morgens nassgeschwitzt aufwache, fällt mir ein, dass ich ja selbst der Papst bin.“ Ich verstehe ihn nur zu gut … Und auch Johannes Paul II. stand ihm in nichts nach. In den Sitzungen vor einem Konklave, als er noch Kardinal Wojtyła war, trat ein älterer und eher steifer Kardinal auf ihn zu und machte ihm Vorwürfe, weil er Ski fuhr, auf Berge kletterte, radelte und schwimmen ging … „Ich glaube nicht, dass solche Aktivitäten Ihrer Rolle gemäß sind“, flüsterte der Ältere ihm zu. Woraufhin der künftige Papst antwortete: „Aber wissen Sie denn nicht, dass gut 50 Prozent aller polnischen Kardinäle das genauso machen?“ Zu jener Zeit gab es in Polen nur zwei Kardinäle.

Papst Franziskus Biografie 05.53

Die Ironie ist eine gesunde Arznei, nicht nur im Umgang mit anderen Menschen, sondern gerade auch, was uns selbst angeht. Selbstironie ist ein machtvolles Instrument, um die Versuchung des Narzissmus zu überwinden. Narzissten schauen ständig in den Spiegel, machen sich schön, bewundern sich, aber der beste Rat, den man einem Menschen vor dem Spiegel geben kann, ist der, über sich selbst zu lachen. Das wird uns guttun. Es bestätigt, was die tiefe Wahrheit eines chinesischen Sprichworts sagt: dass es nur zwei vollkommene Menschen gibt – der eine ist tot, der andere wurde nie geboren. […]

Witze und Scherze über Kirchen-Orden

Die Kirche hat – ganz informell natürlich – eine ganze Reihe von Witzen und Scherzen parat, je nachdem, um welchen Orden, welche Kongregation oder welche Gestalt es geht. […]

Die Witze von und über Jesuiten sind ein ganz eigenes Genre, vergleichbar höchstens mit denen über die italienischen Carabinieri. Oder mit jiddischen Witzen.

Was den Narzissmus angeht, dem man am besten mit einer gesunden Dosis Selbstironie begegnet, fällt mir ein Witz ein über einen Jesuiten, der so ein klein bisschen eitel ist. Er hat ein Herzproblem und muss sich operieren lassen. Bevor man ihn in den OP schiebt, fragt er Gott: „Herr, ist meine Stunde etwa gekommen?“

„Nein, du lebst noch gute vierzig Jahre“, antwortet Gott. Kaum hat der gute Mann sich erholt, lässt er sich auch eine Haartransplantation und ein Facelifting machen. Es folgen Fettabsaugen, Korrektur der Augenlider und Bleichen der Zähne … Schließlich sieht er ganz anders aus als vorher. Er ist eben raus aus dem Krankenhaus, da überrollt ihn schon ein Auto und er stirbt. Kaum steht er vor Gott, protestiert er: „Aber Herr, du hast doch gesagt, dass ich noch vierzig Jahre zu leben habe.“ Und Gott so: „Oh, entschuldige … ich habe dich nicht erkannt.“

Franzsikus_Autobiografie9.20

Fährt der Papst zu schnell…

Und dann hat man mir noch einen Witz erzählt, der mich selbst betrifft. Ein Witz über Papst Franziskus in Amerika. Er geht in etwa so: Papst Franziskus ist soeben in den Vereinigten Staaten aus dem Flugzeug gestiegen und will seine apostolische Reise beginnen. Da sieht er, dass eine Stretchlimousine ihn erwartet. Der ganze Prunk versetzt ihn in Verlegenheit, andererseits überlegt er, dass er schon seit Ewigkeiten nicht mehr selbst gefahren ist. Und schließlich sagt er sich: „Na gut, aber wenn das wieder passiert …“ Er mustert die Limousine und fragt den Fahrer: „Könnte ich das gute Stück mal ausprobieren?“ Darauf der Fahrer: „Es tut mir ja sehr leid, Eure Heiligkeit, aber das kann ich wirklich nicht machen. Sie wissen ja, das Protokoll und so weiter …“ Aber ihr wisst ja, was man diesem Papst nachsagt: Wenn er sich was in den Kopf gesetzt hat, dann lässt er sich davon nicht mehr abbringen. Und so gibt der Fahrer schließlich nach. Papst Franziskus setzt sich ans Steuer und lässt den Wagen über diese enorm breiten Straßen rollen. Und es gefällt ihm so sehr, dass er langsam immer mehr aufs Gaspedal tritt: zuerst 50 Stundenkilometer, dann 80, dann 120 … Bis plötzlich die Sirene eines Polizeiautos ertönt und man ihm signalisiert, rechts ranzufahren. Ein junger Polizist nähert sich den verdunkelten Scheiben. Der Papst ist ein bisschen eingeschüchtert und lässt das Seitenfenster herab. Da wird der Polizist bleich. „Entschuldigen Sie einen Moment …“, sagt er und kehrt zum Wagen zurück, um die Zentrale anzufunken. „Boss … ich glaube, wir haben ein Problem.“

Und der Chef: „Was für ein Problem?“

„Nun, ich habe einen Wagen angehalten, weil er zu schnell unterwegs war. Jetzt sitzt da aber ein höchst wichtiger Typ drin.“

„Wie wichtig? Etwa der Bürgermeister?“

„Nein, Chef, über dem Bürgermeister.“

„Wer steht denn über dem Bürgermeister? Der Gouverneur vielleicht?“

„Nein, höher …“

„Aber es wird doch nicht der Präsident sein?“

„Noch höher, glaube ich …“

„Aber wer ist denn noch wichtiger als der Präsident?“

„Hören Sie, Chef, ich weiß nicht, wer da drin sitzt, aber sein Chauffeur ist der Papst!“

Kinder lächeln viel häufiger als Erwachsene

Das Evangelium legt uns ans Herz, zu unserem eigenen Besten zu werden wie die Kinder (Mt 18, 53). Damit erinnert es uns auch, dass wir ihre Fähigkeit zum Lächeln zurückgewinnen sollen, da die Kinder – offensichtlich haben die Psychologen das gezählt – zehn Mal so häufig lächeln wie die Erwachsenen.

Papst Franziskus: „HOFFE. Die Autobiografie“, Aus dem Italienischen von Elisabeth Liebl, Kösel-Verlag, 384 Seiten 24,00 Euro. Erscheint weltweit am 14. Januar 2025

Es gibt nichts, was mir heute so viel Freude bereitet wie eine Begegnung mit Kindern. Hatte ich als Kind meine speziellen Meister des Lächelns, so lerne ich jetzt, als alter Mann, von den Kindern. Diese Begegnungen berühren mich tief und schenken mir ein gutes Gefühl. Aber auch Begegnungen mit alten Menschen: jene, die das Leben loben und alle Ressentiments ablegen. Menschen, die so wie der Wein mit dem Alter besser werden, sind einfach unwiderstehlich. Wie Kinder ist auch ihnen die Gnade des Weinens und des Lachens eigen. Wenn ich auf dem Platz vor dem Petersdom Kinder umarme, gibt es welche, die sofort lachen. Andere glauben, dass ich der Doktor bin
und ihnen eine Spritze geben will, weil ich weiße Kleidung trage, und so fangen sie an zu weinen. Sie sind Muster der Spontaneität und Menschlichkeit. So erinnern sie uns, dass jeder, der seiner Menschlichkeit entsagt, auf alles verzichtet. Und dass unser Abstieg beginnt, wenn wir nicht mehr in der Lage sind, aus ganzem Herzen zu lachen oder zu weinen. Dann sind wir narkotisiert, und die Narkotisierten tun niemandem gut, nicht sich selbst, nicht der Gesellschaft und nicht der Kirche.

Transparenzhinweis: Der Kösel-Verlag gehört zur Verlagsgruppe Penguin Random House, die wie der stern Teil des Bertelsmann-Konzerns ist.