Stellenmarkt-Auswertung: Homeoffice ist immer seltener möglich – vor allem in diesen Branchen
Das Arbeiten von zu Hause ist beliebt. Doch der Arbeitsmarkt kann nur einem Teil der Berufstätigen Homeoffice bieten, wie eine exklusive Analyse von Jobinseraten zeigt

Das Arbeiten von zu Hause ist beliebt. Doch der Arbeitsmarkt kann nur einem Teil der Berufstätigen Homeoffice bieten, wie eine exklusive Analyse von Jobinseraten zeigt

Für knapp ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland gehört Homeoffice derzeit zum Arbeitsalltag. Das zeigen Daten des Instituts für Wirtschaftsforschung Ifo. Doch viele Unternehmen wie Amazon, Deutsche Bank und SAP fordern wieder mehr Präsenz. Angestellte begeistert das weniger. Die Nachfrage nach Remote-Jobs verstärkt sich: Zahlen des Karriereportals Linkedin zeigen, dass die Intensität der Stellensuche in Deutschland in diesem Jahr um über 8 Prozent gestiegen ist, und mehr als jede fünfte Bewerbung, die über die Plattform verschickt wurde, ging für eine Remote-Position ein.

Disclaimer Capital

Die hohe Nachfrage steht aber einem unzureichenden Angebot gegenüber. Das zeigt eine Stellenmarkt-Analyse, die die Personalmarktforschung Index Research exklusiv für Capital erstellt hat. Dafür hat sie untersucht, wie häufig der Begriff „Homeoffice“ im Zeitraum von Januar bis August 2024 in Stelleninseraten in Printmedien, Onlinebörsen, Firmenwebsites sowie dem Stellenportal der Bundesagentur für Arbeit enthalten war.

Das Ergebnis: Mit der Pandemie konnten sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an das Arbeiten von zu Hause gewöhnen. Jetzt jedoch stagniert das Angebot, nimmt sogar leicht ab. „Homeoffice ist aus der Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken“, sagt Index-CEO Jürgen Grenz. „Dennoch tauchte der Begriff zwischen Januar und August 2024 nur in rund 12 Prozent aller geschalteten Stellenanzeigen auf.“

Branchenvergleich: unterschiedlich starkes Angebot

Laut Ifo-Institut ist Arbeiten von zu Hause in 79 Prozent der Unternehmen grundsätzlich machbar. In großen Unternehmen ist das mit 93 Prozent deutlich häufiger der Fall, dort verbringen Beschäftigte 20 Prozent ihrer Arbeitszeit im Homeoffice. In kleinen und mittleren Unternehmen, in denen nur zu 75 Prozent die Möglichkeit auf Heimarbeit besteht, arbeiten Angestellte nur 15 Prozent ihrer Zeit daheim.

Bei einem näheren Blick auf die einzelnen Branchen offenbaren sich jedoch große Unterschiede. Während in der IT-Branche 58 Prozent und in der Unternehmensberatung 50 Prozent der Arbeitszeit zu Hause verbracht wurde, absolvieren Angestellte im Baugewerbe und der Gastronomie nur zwei Prozent ihrer Arbeitszeit im Homeoffice. In der Industrie sind es zehn Prozent der Arbeitsstunden.

Home-Office-Typen 09.30

Der Branchenunterschied spiegelt den aktuellen Stellenmarkt wider, wie die Index-Auswertung zeigt. „Prozentual am häufigsten stand Homeoffice in Stellenanzeigen für Fachkräfte im Rechts- und Steuerwesen“, so Grenz. In den Monaten Januar bis August 2024 lag der Anteil bei 34 Prozent – ein Plus von mehr als fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die IT- Branche sowie Unternehmensberatungen warben inmehr als 30 Prozent ihrer ausgeschriebenen Stellen mit Homeoffice. Hier blieb der Anteil im Vorjahresvergleich nahezu konstant.

Am geringsten war das Homeoffice-Angebot im Hotel- und Gastgewerbe sowie in medizinischen, sozialen und gesundheitsbezogenen Berufen. In gerade einmal zwei Prozent der Stellenausschreibungen tauchte der Begriff „Homeoffice“ auf. Im Bereich Handwerk, Bauwesen und Umwelt war er in 3,5 Prozent der Anzeigen enthalten.

AlsFührungskraftkaumHomeofficemöglich

„Mit Blick auf das Erfahrungs- und Qualifikationslevel nannten die Unternehmen Homeoffice am häufigsten in Jobinseraten für Young Professionals, nämlich in 29 Prozent aller geschalteten Stellenanzeigen“, sagt Index-Chef Grenz. Auch Fachkräften mit akademischer Bildung und bei Positionen in der Projektleitung wurde in rund einem Viertel der ausgeschriebenen Jobs Homeoffice angeboten. Am oberen und unteren Ende der Karriereleiter war und ist das Arbeiten von zu Hause dagegen weniger möglich – viel Verantwortung sowie zu wenig Erfahrung erfordern verstärkt Anwesenheit.

InGroßstädten viel Homeoffice

Unter den Bundesländern boten in Stadtstaaten ansässige Firmen besonders häufig Homeoffice an: In Berlin, Bremen und Hamburg warben bis zu 20 Prozent der Jobinserate mit Homeoffice. Am seltensten kam der Begriff „Homeoffice“ bei Arbeitsstellen vor, die Firmen aus Sachsen-Anhalt ausschrieben.

Unter den Top-10-Städten mit Homeofficeangebot belegen Berlin, München und Hamburg die ersten drei Plätze. Verglichen mit dem Gesamtstellenmarkt gibt es aber vor allem in Köln, Stuttgart und Düsseldorf ein solides Angebot von Jobs, in denen das Arbeiten von zu Hause erlaubt ist – rund 25 Prozent der Stellenangebote erwähnten im untersuchten Zeitraum eine Homeoffice-Option.

Zwar stagniert das Homeoffice-Angebot, wie die Stellenmarkt-Analyse von Index zeigt. Doch immerhin drei von vier Unternehmen, in denen Homeoffice möglich ist, wollen es unverändert beibehalten. Das geht aus einer Umfrage des ifo Instituts hervor. „Diese Ergebnisse widerlegen die Auffassung, dass der Trend zurück in die Büros geht“, sagt ifo-Forscher Jean-Victor Alipour. „Die Uhren drehen sich nicht auf 2019 zurück.“ Strenge Vorgaben für das Arbeiten von zu Hause planten lediglich zwölf Prozent der befragten Betriebe, nur vier wollen die Möglichkeit komplett abschaffen. Elf Prozent der Firmen wollen die Regelungen sogar weiter flexibilisieren.

PAID Southworking – Arbeiten im Süden 8.22

Der Trend geht laut ifo-Institut eher zu verstärkter Kombination von Präsenzarbeit und ortsunabhängigem Arbeiten. In typischen Büroberufen führe das zu strukturiert hybriden Arbeitsmodellen mit festen Präsenztagen und Homeoffice-Möglichkeit an den übrigen Tagen.