Nach Feuer am Sonntag: Brandanschlag auf Queer-Bar - Rostock hisst Regenbogenfahne
Nach einem Feuer in einer Queer-Bar in Rostock ermittelt die Polizei wegen des Verdachts auf schwere Brandstiftung. Der Fall sorgt bei den Parteien bis auf Bundesebene für Entsetzen.

Nach einem Feuer in einer Queer-Bar in Rostock ermittelt die Polizei wegen des Verdachts auf schwere Brandstiftung. Der Fall sorgt bei den Parteien bis auf Bundesebene für Entsetzen.

Nach einem mutmaßlichen Brandanschlag auf eine bei queeren Menschen beliebte Bar in Rostock ermittelt die Kriminalpolizei wegen schwerer Brandstiftung. Die Ermittlungen stünden noch ganz am Anfang, sagte eine Sprecherin der Rostocker Staatsanwaltschaft. Es gebe aber Hinweise auf Brandlegung. Der Fall der Bar „b sieben“ sorgte bei zahlreichen Politikern für Empörung und Entsetzen. Rostock hisste aus Solidarität die Regenbogenfahne auf dem Rathaus. Eine Spendensammlung im Internet brachte binnen kurzer Zeit 20.000 Euro zusammen.

„Ich bin erschüttert, dass das „b sieben“ in Rostock erneut Ziel eines feigen Anschlags auf unser freies, offenes und vielfältiges Leben in Deutschland geworden ist“, schrieb die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken bei Instagram. „Niemals werden wir es hinnehmen, dass Menschen ihre Liebe und ihr Begehren wieder verstecken müssen aus Angst vor Gewalttaten gegen ihr Leben, ihre Treffpunkte und Symbole.“

Keine Verletzten, aber hoher Sachschaden

Das Feuer in der Bar brach am frühen Sonntagmorgen aus. Verletzt wurde niemand. Es entstand laut Polizei ein Schaden von rund 100.000 Euro. Ein Zeuge hatte laut Polizei beobachtet, wie ein schwarz gekleideter Mann einen Gegenstand in das Gebäude warf. Dabei soll es sich um einen Molotow-Cocktail oder einen ähnlichen Gegenstand gehandelt haben. Der Brand war um kurz nach 6.00 Uhr gelöscht.

Bereits im September war es bei der Bar zu einem ähnlichen Vorfall gekommen. Auch in diesem Fall wurde laut Staatsanwaltschaft noch kein Täter ermittelt. Für den Abend war im Rostocker Stadtteil Kröpeliner-Tor-Vorstadt eine Demonstration geplant, die durch die Innenstadt gehen sollte.

OB: Anfeindungen nehmen wieder zu

Rostocks Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (Linke) warnte vor einem Stimmungswechsel und zunehmenden Anfeindungen gegen queer lebende Menschen. Wenn ein Treffpunkt wie die Bar „b sieben“ schon zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit Ziel eines Brandanschlages werde, dann sorge das für enorme Unsicherheit und für Ängste nicht nur in der Queer-Community, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

„Diese Brandanschläge sind auch ein wenig der Gipfel in einer Reihe von sich fortsetzenden Diskriminierungen.“ Man merke einen Stimmungswechsel und auch zunehmende Anfeindungen. „Wir hören aus der queeren Community, dass ihnen zunehmend wieder Intoleranz und Diskriminierung im öffentlichen Raum entgegenschlägt, sei es nun im Nahverkehr oder beim Einkaufen“, sagte Kröger.

Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion Daniel Peters betonte, er sei sehr erleichtert, dass bei dem Feuer niemandem etwas passiert sei. „Das Haus ist wiederholt Zielscheibe eines Brandanschlages geworden – und das mitten in der Innenstadt von Rostock. Ich hoffe, dass die Täter schnell ermittelt und hart bestraft werden.“

Der Landesvorsitzende der Linken in MV, Hennis Herbst, warnte vor einer Gefährdung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Leider seien Angriffe auf die queere Community in Mecklenburg-Vorpommern keine Einzelfälle. So sei erst kürzlich der Christopher-Street-Day in Wismar von Neonazis bedroht worden.

Auch aus den Reihen der SPD wurde der Anschlag verurteilt. „Diese Tat muss schnell und umfassend aufgeklärt werden, und die Täter müssen zur Verantwortung gezogen werden“, hieß es in einem gemeinsamen Schreiben der Europaabgeordneten Sabrina Repp, der Bundestagsabgeordneten Katrin Zschau, der Landtagsabgeordneten Julian Barlen, Rainer Albrecht und Ralf Mucha sowie dem SPD-Kreisvorstand Rostock.

Fünfstellige Spendensumme

Im Internet wurde ein Spendenaufruf für die Bar gestartet. „Wir müssen unsere Türen vorübergehend schließen, da das b sieben schwer durch einen Brandanschlag beschädigt wurde“, heißt es auf der Internetseite der Bar. „Wir sind dankbar für die Unterstützung, die uns schon erreicht hat. Dennoch stehen wir vor großen Herausforderungen, um die nötigen Reparaturen durchzuführen, neues Mobiliar anzuschaffen und auch unsere Mitarbeitenden finanziell zu unterstützen.“ Bis zum Nachmittag waren schon über 20.000 Euro auf dem Konto eingegangen.

Die queeren Vereine rat+tat und CSD Rostock zeigten sich alarmiert. „Unsere Community erlebt seit Jahren, dass die Beleidigungen und Übergriffe zunehmen. Dieser Anschlag ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Täter inzwischen auch den Tod von Menschen in Kauf nehmen oder sogar bewusst anstreben“, warnte Tom Lüth, Vorstandsmitglied von rat+tat. 

Der FDP-Landtagsfraktion MV, René Domke, mahnte, Mecklenburg-Vorpommern müsse ein sicherer Ort für alle Bürgerinnen und Bürger sein – unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung. „Toleranz darf niemals als Einladung zu Intoleranz verstanden werden“, so Domke.

In den vergangenen Wochen hatte Neubrandenburg für Schlagzeilen gesorgt, weil dort das Hissen der Regenbogenfahne am Bahnhof durch die Stadtvertretung verboten wurde. Die Flagge war mehrmals gestohlen und durch Hakenkreuz- oder andere NS-Fahnen ersetzt worden. Neubrandenburgs Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) hatte nach dem Stadtvertreterbeschluss seinen Rücktritt zum 1. Mai 2025 erklärt.