An der Grundsteuerreform gab es zuletzt viel Kritik. Nun gibt es Bewegung von der Ampel in Rheinland-Pfalz. Der Städtetag bleibt höchst unzufrieden.
Den rheinland-pfälzischen Kommunen gehen die geplanten Änderungen der Ampel bei der Grundsteuer nicht weit genug. Die Regierungsfraktionen wollten mit ihrem Gesetzesentwurf zur Einführung differenzierter Hebesätze für Wohngrundstücke, Nichtwohngrundstücke und unbebaute Grundstücke zwar das Schlimmste für die Wohnbevölkerung verhindern, erklärte Michael Mätzig, der geschäftsführende Direktor des Städtetags Rheinland-Pfalz, in Mainz. Für die Kommunen bedeute der vorliegende Gesetzesentwurf allerdings eine erhebliche zusätzliche Belastung.
„Mit dem Entwurf wird ein auf Landes- und Bundesebene verursachtes Problem nun den Kommunen aufgebürdet, ohne wirkliche Lösungsansätze zu bieten“, mahnte Mätzig. Mit den Plänen der Regierungsfraktionen werde den Kommunen jedoch lediglich formal die Möglichkeit gegeben, auf die erheblichen Mehrbelastungen der Wohngrundstücke zu reagieren. „Allerdings bleiben neben Umsetzungsproblemen die rechtlichen Unsicherheiten samt der daraus folgenden Prozessrisiken.“
Städtetag mit anderen Prioritäten – CDU warnt
Um eine Verteuerung von Wohnraum und die Verlagerung der Probleme der Grundsteuerreform auf die Kommunen zu verhindern, müsse es eine Anpassung der Steuermesszahlen geben, forderte der geschäftsführende Direktor.
Die Kommunen brauchten einen guten und zentralen Lösungsansatz, um das Problem der Verteuerung von Wohnraum zu lösen. Gleichzeitig müsse auch dem Land daran gelegen sein, die Vergleichbarkeit der Grundsteuerhebesätze zu sichern. „Dazu ist eine Anpassung der Steuermesszahlen unumgänglich, auch wenn diese realistischerweise einen etwas größeren zeitlichen Vorlauf benötigt.“
Auch die CDU-Opposition warnte davor, dass die geplante Gesetzesänderung nicht zum Nachteil der Kommunen führen dürfe. Anders als in anderen Ländern wolle die Ampel die Verantwortung komplett auf die Kommunen abladen und verlange von ihnen, unterschiedliche Hebesätze verfassungsrechtlich ausreichend zu begründen. Der finanzpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christof Reichert, sagte: „Etwaige verfassungsrechtliche Bedenken muss das Land ausräumen.“
Grund für den Gesetzentwurf beim letzten Plenum im Jahr sei, dass der Druck auf die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen von SPD, Grüne und FDP zu groß geworden sei. Die CDU-Landtagsfraktion habe seit Monaten vor steigenden Wohnkosten im Land und unzumutbaren Mehrbelastungen gewarnt und die Landesregierung deshalb immer wieder aufgefordert, Ungerechtigkeiten bei der Grundsteuerreform, die das Bundesmodell mit sich bringt, auszuräumen, betonte Reichert.
Gesetzentwurf im letzten Plenum des Jahres
Die Ampelfraktionen hatten zuvor angekündigt, in Rheinland-Pfalz den Kommunen mehr Spielräume bei der Grundsteuer zu ermöglichen. Bei der Landtagssitzung im Dezember soll dazu ein Gesetzentwurf eingebracht werden, der die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, spezifische Lösungsmöglichkeiten für die unterschiedlichen Gegebenheiten im Flächenland Rheinland-Pfalz sowie eine Option zur Förderung des Wohnraumangebots vor Ort vorsieht.
„Wir reagieren so auf die Rückmeldungen aus vielen Gesprächen rund um die bundesweite Grundsteuerreform, die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts notwendig wurde“, erklärten die haushaltspolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen, Pia Schellhammer (Grüne), Markus Stein (SPD) und Philipp Fernis (FDP). „Dabei stärken wir den Entscheidungsspielraum der Kommunen bei den für sie essenziell wichtigen Einnahmen aus dieser kommunalen Steuer.“
Länderöffnungsklausel macht Änderungen möglich
Mit der Neuregelung des Grundsteuerhebesatzgesetzes soll es den Kommunen ermöglicht werden, beim Hebesatz der Grundsteuer B Differenzierungen vorzunehmen. Es sollen künftig eigene Hebesätze für die drei Kategorien der Grundsteuer B – Wohngrundstücke, Nichtwohngrundstücke und unbebaute Grundstücke – erhoben werden können.
Hintergrund ist nach Angaben der Ampelabgeordneten, dass sich im Zuge der bundesweiten Grundsteuerreform und der Ausrichtung am Bundesmodell gezeigt habe, dass es bei der Grundsteuer B in manchen Kommunen eine Belastungsverschiebung von gewerblich genutzten Grundstücken hin zu Wohngrundstücken geben könne.
„Mit der Gesetzesänderung machen wir Gebrauch von der bei der Reform geschaffenen Länderöffnungsklausel“, berichteten Stein, Schellhammer und Fernis. Mit der so gebotenen Option für die Kommunen, differenzierte Steuersätze zu erheben, könnten spezifische Verhältnisse vor Ort besser berücksichtigt werden. „Denn die Belastungsverschiebungen stellen sich landesweit sehr unterschiedlich dar. Dem trägt der Gesetzentwurf Rechnung.“ Für die Kommunen im Land bestehe durch die Gesetzesänderung eine Handlungsoption, aber keine Pflicht.
Bewertungen für 2,5 Millionen Immobilien in Rheinland-Pfalz
Bis vor wenigen Jahren haben die Finanzämter den Wert einer Immobilie auf Grundlage völlig veralteter Daten berechnet. Das monierte das Bundesverfassungsgericht, bis Ende 2019 musste der Bund ein neues Grundsteuergesetz beschließen. Für die Neuberechnung wurden neue Bewertungen für bundesweit fast 36 Millionen Grundstücke nötig, darunter 2,5 Millionen Immobilien in Rheinland-Pfalz.
Vom 1. Januar 2025 an werden die bisherigen Einheitswerte durch neue Grundsteuerwerte abgelöst. Die Reform soll aufkommensneutral sein – das heißt, das unter dem Strich die Einnahmen die gleichen bleiben sollen, die Belastungen einzelner Immobilien dürften sich aber teils deutlich ändern.
Wichtig für die Berechnung der Grundsteuer sind grundsätzlich drei Faktoren: der Wert des jeweiligen Grundbesitzes, die sogenannte Steuermesszahl, die vom Finanzamt festgelegt wird, und der Hebesatz, dessen Höhe wiederum die Kommunen festlegen.