Die neue Zentralstelle gegen Umweltkriminalität ermittelt seit einem Jahr. Besonders die Abfallbranche versetze dies in Aufregung, sagen die Ermittler.
Die neue Zentralstelle gegen Umweltkriminalität sorgt nach Aussage der dortigen Ermittler für Unruhe in der Abfallbranche. „Es melden sich Insider und stellen uns – aus unterschiedlichsten Motivationen – strafrechtlich relevante Informationen in Aussicht“, sagte die Leiterin der Stelle, Oberstaatsanwältin Britta Affeldt. „Unsere Maßnahmen helfen, das Dunkelfeld gerade an dieser Stelle weiter aufzuhellen.“
Im ersten Jahr seit ihrer Gründung habe die bei der Staatsanwaltschaft Dortmund angesiedelte Zentralstelle für die Verfolgung der Umweltkriminalität in fast 100 Verfahren ermittelt. Im Fall einer Explosion in einem Chemiepark in Leverkusen 2021 mit sieben Toten und 31 Verletzten hätten etwa vermutlich vier Verantwortliche einer dänischen Firma deutlich gefährlicheren Abfall angeliefert, als den Informationen zu entnehmen war.
Man sehe erst die „Spitze des Eisbergs“
Die Zentralstelle soll in Fällen herausragender Umweltverbrechen ermitteln. So soll im Tagebau Garzweiler belasteter Bodenaushub entsorgt worden sein. Beschuldigte aus dem Baustoffsektor stehen im Verdacht, zehntausende Lieferdokumente gefälscht zu haben. Teilweise sei „ganz klar von organisierten Strukturen auszugehen“, sagte Affeldt. Man sehe aktuell erst die „Spitze des Eisbergs“.
NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) sagte, Umweltschutz habe heute eine existenzielle Bedeutung. Der Schutz der Lebensgrundlagen sei nicht nur eine Verpflichtung gegenüber der nächsten Generation, „sondern ein knallharter rechtlicher Auftrag mit Verfassungsrang“. Umweltkriminalität bedrohe darüber hinaus auch den fairen wirtschaftlichen Wettbewerb und das Steueraufkommen in NRW.
Wird das Strafmaß für Umweltkriminalität ausgeweitet?
Im vergangenen Jahr habe die Zentralstelle gegen Umweltkriminalität NRW erwirkt, dass Vermögen von mehr als zwei Millionen Euro eingefroren worden sei, teilte Staatsanwältin Affeldt mit. Allein in einem Verfahren wegen Abfallkriminalität konnte Vermögen in Höhe von mehr als 650.000 Euro gesichert werden. In Zukunft erwarte man noch eine deutlich erhöhte Abschöpfung illegal erworbener Mittel.
Minister Limbach sagte, man werde beobachten, ob das gesetzliche Strafmaß für Umweltkriminalität ausreiche. „Es entstehen riesige Schäden, die man mit Millionensummen wieder reparieren muss.“ Angesichts dessen müsse man prüfen, ob die aktuellen Strafrahmen noch gerechtfertigt seien und andernfalls eine Bundesratsinitiative zur Strafverschärfung von Umweltverbrechen starten.
NRW von Umweltkriminalität besonders betroffen
Mit der Schaffung der Zentralstelle sei man in NRW bundesweit Vorreiter und habe für die Verfolgung von Umweltstraftaten eine neue Messlatte gelegt. Kein anderes Bundesland verfüge über eine auf Umweltstraftaten spezialisierte Staatsanwaltschaft mit gleichem Rang, sagte Limbach. NRW sei besonders von Umweltkriminalität betroffen.