Bundesgerichtshof: Rassistischer Brandanschlag in Saarlouis - BGH prüft Urteil
Mehr als 30 Jahre nach dem tödlichen Anschlag auf ein Asylheim wird 2023 ein Mann verurteilt. Gegen das Urteil wehrten sich Kläger wie Angeklagter - ein Fall für Deutschlands oberstes Strafgericht.

Mehr als 30 Jahre nach dem tödlichen Anschlag auf ein Asylheim wird 2023 ein Mann verurteilt. Gegen das Urteil wehrten sich Kläger wie Angeklagter – ein Fall für Deutschlands oberstes Strafgericht.

Der Bundesgerichtshof (BGH) prüft die Verurteilung eines Mannes infolge eines Brandanschlags auf ein Asylbewerberheim im Saarland. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hatte den Angeklagten 32 Jahre nach der Tat im Jahr 2023 unter anderem wegen Mordes zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.

Gegen das Urteil legten sowohl der Angeklagte, als auch die Bundesanwaltschaft und vier Nebenkläger Revision ein – sodass der Fall am BGH landete. Am Donnerstag verhandelte der Dritte Strafsenat dazu mündlich in Karlsruhe. Eine Entscheidung wollen die Richterinnen und Richter am 23. Januar verkünden. (Az. 3 StR 149/24)

Ein Mann stirbt infolge der Flammen

Das Koblenzer OLG hatte es als erwiesen angesehen, dass der Deutsche 1991 aus Hass auf Ausländer in Saarlouis ein Asylbewerberheim mit Benzin in Brand setzte. Von 21 Menschen im Haus starb ein Mann infolge der Flammen. Die anderen Bewohner konnten sich aus dem Haus retten, erlitten teils aber Knochenbrüche, weil sie aus dem Fenster sprangen.

Die Ermittlungen waren in den 90er Jahren zunächst ohne Ergebnis eingestellt worden. Doch dann gestand der Angeklagte einer Frau die Tat 2007 auf einem Grillfest. Jahre später erstattete die Zeugin Anzeige, nachdem sie gelesen hatte, dass bei dem Brand ein Mensch ums Leben gekommen war. Der Mann wurde später in einem Fall wegen Mordes und in zwölf weiteren Fällen wegen versuchten Mordes verurteilt.

Acht Fälle sind strittig

Am obersten deutschen Strafgericht ging es in der mündlichen Verhandlung am Donnerstag nun unter anderem um die Frage, ob das OLG zurecht in Bezug auf acht weitere Menschen im Gebäude nicht von versuchtem Mord ausgegangen war. Sie hatten in einem hell erleuchteten Zimmer in der Nähe des Ausgangs gefeiert. Der Angeklagte habe daher damit gerechnet, dass sie sich rechtzeitig retten könnten, begründete der Koblenzer Senat die Entscheidung.

Die vier Nebenkläger, die Revision eingelegt hatten, gehörten zu diesen acht Personen. Ihr Anwalt bemängelte am BGH eine lückenhafte Beweiswürdigung des OLG. Dass eine Tötungsabsicht in Bezug auf seine Mandanten abgelehnt worden war, sei fehlerhaft. Das Urteil müsse diesbezüglich korrigiert werden.

Bundesanwaltschaft wechselt den Kurs

Ähnliches hatte mit ihrer Revision ursprünglich auch die Bundesanwaltschaft gefordert. In der mündlichen Verhandlung beantragte der Bundesanwalt aber überraschend, die Revisionen seiner Behörde sowie die der Nebenkläger zu verwerfen. Das Koblenzer Urteil könne seiner Ansicht nach bestehen bleiben. 

„Ein Urteil kann wegen Fehlern in der Beweiswürdigung nur aufgehoben werden, wenn Rechtsfehler vorliegen – also wenn Widersprüche vorhanden sind oder Lücken vorhanden sind oder gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßen worden ist“, erläuterte der Vertreter der Bundesanwaltschaft. Das sei hier nicht der Fall. Aus dem Zimmer im Erdgeschoss sei Musik zu hören, die Eingangstür offen gewesen. Dass der Angeklagte damit gerechnet habe, diese Menschen könnten rechtzeitig das Haus verlassen, sei eine mögliche Schlussfolgerung.